piwik no script img

■ Betr.: „Das muß erst mal richtig rauschen!“ (taz vom 11.3.92 zum Poseidon-Brunnen)

Mich erstaunt, welches Podium die taz dem Bronzekünstler Otto zur Verfügung stellt, damit er seinen Poseidon rechtfertigt. „Bilde, Künstler, rede nicht,“ sagt Goethe und hätte gewiß auch über ein Bildwerk gelächelt, das einer erklärenden Tafel (in Bronze) bedürftig ist.

Wenn auch locker, so doch nicht zum ersten Mal läßt Herr Otto in seinem Statement die Assoziationen an die Naziepoche und die damals aus Weltanschauungs- und Parteigründen verfemten Künstler heraus.Einige seiner Fans sind hier weniger empfindlich gewesen. Doch ist ein Vergleich Ottos mit den Opfern der Nazizeit ebenso unstatthaft, wie es eine Äußerung dergestalt wäre: Der heutige Staats- und Senatskünstler ... hätte auch damals sein Glück gemacht ... Unstatthaft dieses, ich wiederhole, und jenes auch.

Die taz spielt auf eine CDU- Umfrage an, wonach 90% der Befragten den Neptunbrunnen ablehnen, und gibt Herrn Otto damit Gelegenheit, sich auf die Wolke des vom Plebs unverstandenen Avantgardisten zurückzuziehen. Hier wäre zu wehren — und warum sollte das nicht von der taz ausgehen, indem sie eine ergänzende Umfrage bei (bremischen) Museumsdirektoren, herausragenden Galeristen und universitären Kunstwissenschaftlern initiierte. Es würde deutlich, was auf dem Domshof blechernes Kunstgewerbe ist und was moderne Kunst dort wäre.

Hans-Wolf Jäger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen