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Arabisches „Nein“ zu US-Angriff auf Irak

Syrien und Ägypten lehnen erneute Bombardierung Iraks ab/ Keine Sanktionen gegen Libyen ohne schlüssige Beweise/ Assads Position zur Fortsetzung der Nahost-Friedensgespräche weiter unklar  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Während das Pentagon an detaillierten Plänen für einen Luftangriff gegen den Irak feilt, sprachen sich die Staatschefs zweier wichtiger arabischer Staaten aus der Anti-Irak-Koalition entschieden gegen einen Militärschlag aus. Der ägyptische Präsident Hosni Mubarak und sein syrischer Amtskollege Hafis Al-Assad, lehnten am Mittwoch abend auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Kairo einen erneuten Angriff auf den Irak ab. „Unser Ziel war der Rückzug irakischer Truppen aus Kuwait“, sagte Assad und fügte hinzu: „Ganz offen gesprochen, empfinden wir Bitterkeit, daß diese Maßnahmen nicht in gleichem Umfang gegen Israel angewendet werden.“ Auch Sanktionen der UNO gegen Libyen lehnten beide Staatschefs ab.

In Washington waren inzwischen Pläne der Luftwaffe für einen „begrenzten Schlag“ gegen militärische Einrichtungen im Irak bekanntgeworden. US-Medien berichteten, daß das Pentagon dem Weißen Haus eine Liste mit potentiellen Zielen übermittelt habe. Die Objekte, darunter das angebliche Atomforschungszentrum Al-Atheer, sollen UN-Inspekteure im Irak ausgemacht haben. George Bush erwäge ernsthaft einen Angriff nach dem 29. März, hieß es. Bis dahin hält sich eine Gruppe von UN-Inspekteuren im Irak auf, die möglicherweise mit der Zerstörung der von irakischer Seite nicht deklarierten Militäranlagen beginnen sollen.

Mit der syrisch-ägyptischen Ablehnung scheint der Golfkriegskonsens zwischen Damaskus, Kairo und Washington endgültig zerbrochen. Bereits in den letzten Wochen stieß das im US-Wahlkampf laut gewordene Kriegsgeschrei in der arabischen Welt auf heftige Kritik. Selbst die sonst eher US-freundlichen ägyptischen Zeitungen wollten nicht mehr einsehen, warum nicht mit der gleichen Konsequenz gegen israelische Massenvernichtungswaffen vorgegangen werde. „Wenn sich das Ganze darauf reduzieren läßt, das arabische Militärpotential zu zerstören und das israelische intakt zu lassen, dann bedeutet dies, daß in der Weise, wie US-Resolutionen durchgesetzt werden, eine neue Art von Rassismus steckt“, kommentierte die ägyptische Regierungszeitung 'Al-Ahram‘. Mit ihrer Erklärung drückten Mubarak und Assad dieser Ansicht nun auch das Präsidentensiegel auf.

Die beiden Präsidenten lehnten auch von den USA, Großbritannien und Frankreich geforderte UN- Sanktionen gegen Libyen ab. Mubarak verlangte schlüssige Beweise dafür, daß Libyen tatsächlich in die Attentate auf eine PanAm-Maschine 1988 über Schottland und ein französisches Flugzeug über Niger im darauffolgenden Jahr verwickelt sei. Auch der ehemalige ägyptische Minister und heutige Vorsitzende der Arabischen Liga, Abdel-Meguid, möchte zunächst das Urteil des internationalen Gerichtshofes in Den Haag abwarten. Bis dahin kann er sich nicht vorstellen, daß sich die arabischen Staaten irgendwelchen Sanktionen gegen Libyen anschließen werden.

Ägypten hat kein Interesse an einer weiteren internationalen Isolation seines westlichen Nachbarn Libyen. Nach langer Zeit der Animositäten, begegnen sich die Regierungen beider Länder seit zwei Jahren zunehmend freundschaftlich — die Grenzen wurden geöffnet und Kooperationen auf zahlreichen Gebieten beschlossen. Libyen hat inzwischen einen großen Teil der ägyptischen Arbeiter, die während des Golfkriegs aus den Golfstaaten fliehen mußten, aufgenommen. Damit wurde die explosive Lage auf dem ägyptischen Arbeitsmarkt entspannt. Kein Wunder also, daß Mubarak auf der Pressekonferenz nach dem Treffen mit Assad befürchtete, daß Sanktionen gegen Libyen auch dessen Nachbar Ägypten hart treffen könnten.

Wer von dem Treffen Assad- Mubarak eine Erklärung der syrischen Position zur Fortführung der Nahost-Verhandlungen erwartet hatte, wurde enttäuscht. „Wir fühlen uns dem Friedensprozeß weiterhin verpflichtet, es wurden aber noch keine Entscheidungen über die kommenden Tage und Monate gefällt“, erklärte Assad gewohnt vieldeutig.

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