: Kritik an Schulpolitik
■ Die Abgeordneten debattierten in der aktuellen Stunde über die Schulpolitik
Berlin. Der Streik an Berliner Schulen, mit dem Tausende Lehrer gegen die vom CDU/SPD-Senat geplante Pflichtstundenerhöhung protestierten, hatte gestern ein parlamentarisches Nachspiel im Abgeordnetenhaus. Die Fraktion Bündnis 90/ Grüne stellte einen Mißtrauensantrag gegen Schulsenator Klemann (CDU), über den am Montag in einer Sondersitzung des Parlaments abgestimmt werden soll.
Während der von PDS und FDP beantragten aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus mit dem Thema Schulpolitik forderten die Oppositionsfraktionen die Rücknahme des Senatsbeschlusses. Mit der Entscheidung, die Pflichtstunden zu erhöhen, bleibe der Lehrerarbeitsmarkt geteilt. Es sei »unsinnig« zu behaupten, daß durch eine Verlängerung der Arbeitszeit Kündigungen vermieden werden könnten, so Sybille Volkholz, schulpolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Grüne.
Nur durch diesen »dramatischen Sparbeitrag« sei es gelungen, den Bildungsbereich für den Rest der Legislaturperiode aus den Sparmaßnahmen herauszuhalten, verteidigte sich Klemann. Auch die »sogenannte Lehrergewerkschaft« GEW sei alternative Sparvorschläge schuldig geblieben.
Ferner erinnerte Klemann an die Verantwortung der Lehrer und appellierte an sie, sich »weiterhin über das Maß ihrer Pflichten hinaus zu engagieren.« Angesichts der finanziellen Lage Berlins sei es »unverantwortlich«, von vornherein einen Bereich aus den Sparnöten zu entlassen, sagte Ursula Leyk, schulpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten. Auch wenn ihre Fraktion das Sparpaket »nicht begrüße« und wisse, »welch schwere Arbeit Lehrer in dieser Stadt zu leisten haben«, werde die SPD den Senatsbeschluß »selbstverständlich mittragen«, so Kollotschek. Petra Merkel (SPD) kommentierte die langwierigen Koalitionsverhandlungen humorvoller. »Am Ende hat die CDU die Arbeitszeit für Lehrer verlängert, und wir haben die für Schüler verkürzt.« Daß Senator Klemann mit seiner Androhung von Zwangsgeld zu einer Eskalation beigetragen habe, bedauerte Kollotschek. Der Schulsenator verteidigigte erneut seine Zwangsgeldandrohung von 100.000 Mark laut ASOG, die vom Verwaltungsgericht inzwischen als nicht zulässig erklärt wurde. Wer wie die GEW zum offenen Rechtsbruch aufrufe, müsse damit rechnen, auf Konsequenzen zu stoßen. Denn, so Klemann, »wir leben nicht in einem Schlafmützenstaat, sondern in einer wehrhaften Demokratie.« jgo
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