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Demo für Flüchtlinge trotz Verbots

Protest gegen geplante NPD-Kundgebung in Zirndorf wurde letztinstanzlich verboten  ■ Aus Zirndorf Bernd Siegler

Trotz Verbots demonstrierten etwa 200 Menschen vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und der Zentralen Anlaufstelle in Zirndorf am Samstag ihre Solidarität mit den Flüchtlingen. Unter dem Motto „Kein Naziaufmarsch in Zirndorf“ protestierten sie gegen die Absicht der „Nationaldemokratischen Partei“, genau vor dem Sammellager eine Kundgebung gegen „Exotentümelei und Scheinasylantentum“ durchzuführen. Zum ersten Mal in der Bundesrepublik wäre dann eine behördlich angemeldete rechtsextremistische Kundgebung direkt vor einem Flüchtlingslager abgehalten worden.

Doch dazu kam es nicht. Bereits das Landratsamt Fürth hatte beide Kundgebungen am Mittwoch wegen möglicher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verboten. Der NPD-Kreisverband Mittelfranken akzeptierte die Behördenverfügung. Die NPD versuchte noch aus dem Verbot Kapital zu schlagen. Die „große Zustimmung seitens der unter der Überfremdung leidenden Zirndorfer Bürger“ lasse die Gefahr aufkommen, daß „die in großer Zahl erwarteten Besucher von der Polizei wegen der angekündigten Gegendemonstranten aus linksradikalen Kreisen nicht in der erforderlichen Weise geschützt werden“ könnten. Man sei sich der „Verantwortung gegenüber der deutschen Bevölkerung bewußt“ und werde künftig „durch Briefkastenverteilung verstärkt auf die weitere Überfremdung des deutschen Volkes aufmerksam machen“.

Auch der DGB als Anmelder der Gegenkundgebung akzeptierte das Verbot, da mit der Verhinderung der NPD-Kundgebung das beabsichtigte Ziel erreicht sei. Die Nürnberger „Initiative gegen Fremdenhaß und Rassismus“ meldete jedoch angesichts der „Provokation der NPD“ eine erneute Kundgebung vor dem Sammellager an. Auch dies wurde vom Landratsamt verboten. Sowohl das Verwaltungsgericht in Ansbach als auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schlossen sich der Verbotsbegründung an, wonach durch die geplante Kundgebung der einzige Zugang zum Bundesamt und zur Zentralen Anlaufstelle blockiert wäre. Im Falle einer „Panikreaktion“ unter den Flüchtlingen sei dann kein Rettungseinsatz möglich.

Als der Verwaltungsgerichtshof am Samstag seine Entscheidung fällte, hatten sich schon 200 Demonstranten versammelt. Im Vorfeld hatte die Polizei vier Demonstranten präventiv in „Unterbindungsgewahrsam“ genommen. Die anschließende Spontandemonstration gegen das Demonstrationsverbot zum Zirndorfer Marktplatz und gegen die gerichtliche Gleichsetzung von Rechtsextremisten und antifaschistischen Demonstranten verlief ohne Zwischenfälle.

Schon am Freitag mittag hatte das Bundesamt die Zentrale Sammelstelle „wegen Überfüllung“ geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren fast 1.200 Flüchtlinge in der für etwa 450 Menschen vorgesehenen Sammelstelle untergebracht. Ankommende Flüchtlinge wurden auf Weisung des Landratsamtes Fürth mit Bussen in das Zentrale Sammellager nach München gefahren.

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