: Neue Schuldenberatung
■ Büro in Kattenturm trotz fehlender Perspektive
Die „Solidarische Hilfe“, mit derzeit elf MitarbeiterInnen in der Schuldnerberatung tätig, eröffnet eine neue Anlaufstelle. In Obervieland/Kattenturm, wo besonders viele von Überschuldung betroffen sind, wird sie künftig jeden Montag und Freitag ihre kostenlose Beratung anbieten. Das neue Büro wird in in der alten Schule Theodor-Billroth-Straße eingerichtet, „eine Kooperation mit Behörde und Ortsamt“, so Florian Frerks, Projektleiter „Schuldenberatung“ bei der „Solidarischen Hilfe“.
Dabei ist die Zukunft der Schuldnerberatung in Bremen wegen des ABM-Kahlschlags wie viele Projekte gefährdet: Planstellen gibt es trotz vieler Versprechungen (auch im Koalitionsvertrag) bisher noch nicht. Die Koordinierung aller in Bremen tätigen Schuldnerberater verschiedenster Träger, die der eigens gegründete Förderverein seit einem Jahr übernehmen soll, kommt nicht in Gang.
Allein bei der „Solidarischen Hilfe“ sind von den elf BeraterInnen zwei ABM-Kräfte, die anderen neun aus dem EG-Sozialtopf oder nach BSHG-19 bezahlt. „Im Dezember laufen die Stellen aus. Dann ist für die Leute, die wir über die ABM-Schleife qualifiziert haben, Schluß“, sagt Frerks. Für die 500 Fälle, die die „Solidarische Hilfe“ derzeit betreut, ist dies eine mittelschwere Katastrophe: Die Verhandlungen mit Versandhäusern, Banken, Gerichten, Vermietern und anderen Gläubigern ziehen sich über Jahre hin.
„Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen müssen sozial betreut werden. Was nutzen Kosten für die Integration Langzeitarbeitsloser, wenn ihre Gläubiger sie vom ersten Arbeitstag an bis zum Sozialhilfeniveau schröpfen?“, betont Frerks. Die Solidarische Hilfe hat für 1992 deshalb zunächst drei feste Stellen beantragt.
Unabhängig davon suchen die Schuldnerberater nach Alternativen für ihre Finanzierung: „Vielleicht gibt es ja Möglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt“, so Frerks. Schließlich nehmen die Schuldnerberater den betrieblichen Sozialdiensten einen Großteil ihrer Arbeit ab: Post, Straßenbahn-AG und Firmen wie Klöckner oder Mercedes müssen bei etlichen Beschäftigten allmonatlich 20 bis (in einem Extremfall) 48 Pfändungstitel in der Lohnbuchhaltung mitbearbeiten. „Die schicken ihre Leute dann zu uns. Weshalb sollte Schuldenberatung also keine betriebliche Aufgabe werden können?“ fragt sich Frerks. Er will in den Betrieben deshalb vorstellig werden. ra
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen