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INTERVIEW„Genscher trägt schwere Verantwortung“

■ Karsten Voigt, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zur Panzeraffäre

taz: Der außenpolitische Ausschuß des Bundestages hat gestern auf Antrag der SPD Bundesaußenminister Hans Dietrich Genscher im Zusammenhang mit der Affäre um die Panzerlieferungen an die Türkei befragt. Warum?

Karsten Voigt: Es gibt eine schwere Verantwortung von Bundesaußenminister Genscher für die jüngste Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen. Man kann, wie die SPD seit Jahren tut, gegen jegliche Waffenlieferungen an die Türkei sein — auch im Nato-Rahmen. Und man kann die Menschenrechtsverletzungen an den Kurden verurteilen, ebenso wie die terroristische Politik der PKK. Das ist eine Haltung, die in der Türkei zwar nicht unbedingt in der Sache geteilt, aber doch als eine klare Haltung respektiert wird.

Aber die schwankende Haltung Genschers ist völlig unmöglich: noch im November drängte sein Ministerium aus außenpolitischen Gründen auf die Durchführung der Waffenlieferungen an die Türkei. Und wenige Wochen später fordert Genscher aus innenpolitischem Opportunismus als erster aus der Regierung den Stopp von Waffenlieferungen. Und dies, obwohl die Übergriffe türkischer Behörden gegen die Kurden und die Mißachtung von Menschen- und Minderheitenrechten durch die Regierung in Ankara seit Jahren bekannt sind.

Dann darf man sich nicht wundern, wenn man in seiner Außenpolitik unkalkulierbar erscheint. Das gilt übrigens in letzter Zeit auch für noch einige weitere Bereiche von Genschers Außenpolitik.

Heißt das, daß Sie Veständnis für die heftigen Reaktionen aus Ankara haben?

Ich halte zwar alle Vorwürfe, die die deutsche Bundesregierung mit Hitler vergleicht, für völlig absurd. Dagegen muß sich die Bundesregierung wehren. Aber daß in Ankara die Schwankungen der deutschen Regierungspolitik nicht verstanden und akzeptiert werden, dafür habe ich ein gewisses Verständnis.

Interview: Andreas Zumach

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