Klangfarbenfroh

■ Elizabeth Neiman und die Pianistin Johanne von Harsdorf mit Werken des amerikanischen Komponisten George Crumb im BKA

George Crumb gehört zu den amerikanischen Komponisten der zweiten Reihe: sein Name ist nicht gerade unbekannt, seine Musik in Europa allerdings äußerst selten zu hören. Anders als ein Großteil der experimentellen amerikanischen Komponistenszene, die ihr täglich Brot vorwiegend in Europa verdient, hat Crumb wohl auch selbst selten den Weg hierhergefunden. Werbung für seine Produkte war so kaum zu machen.

Erfreulich ist es da, daß die Sängerin Elizabeth Neiman gemeinsam mit ihrer Klavierbegleiterin Johanne von Harsdorf Lieder von Crumb in ihr Repertoire aufgenommen hat. Am Dienstag waren die beiden in der Reihe »Unerhörte Musik« im BKA zu hören.

Bevor sie in der zweiten Hälfte Crumbs Apparition aus dem Jahre 1979 zu Gehör brachten, hatten sie den ersten Teil ihres Konzertes Liedern von Debussy, Ravel und Poulenc, den französischen Klassikern des frühen 20. Jahrhunderts gewidmet.

Diese gingen denn auch glatt und sauber von der Bühne. Elizabeth Neimann weiß geschickt (seltene) stimmliche Schwächen durch ihr theatralisches Engagement auszugleichen — wobei Johanne von Harsdorf präzis und zurückhaltend begleitet.

Crumb in der zweiten Hälfte geriet so zum eigentlichen Höhepunkt. Da wurde das Piano in ungewöhnlicher Weise traktiert, im Innenraum des Flügels wurden Glissandi über die Saiten gespielt, aus denen sich feststehende Haltetöne im dritten Pedal hervorschälten. Auch Flageolets im Klavier gehörten dazu. Das Stück gewann durch den Klangfarbenreichtum eher orchestralen Duktus.

Geschickt, wie Elizabeth Neiman die stimmliche Linie darüber entfaltet, die sich allerdings bis auf wenige Glissandi und zwei, drei Effekte in recht traditionellen Gefilden bewegt. Dramaturgisch gelingt den beiden Musikerinnen ein Meisterwerk — mit weit gespannten Spannungsbögen, die sich auch nicht durch die lichte, pausenreiche Faktur einiger Passagen brechen lassen. Das Stück insgesamt gewinnt eher noch an Intensität.

Trotzdem bleibt Crumbs Komposition gegenüber seinen Werken aus den sechziger Jahren zurück, wo er bereits die kompositorische Behandlung des Klaviers in kammermusikalischer Konstellation entwickelt hatte. Bei Apparition machte er es sich mit der Faust-aufs-Auge-Rondoform vielleicht doch zu einfach.

Die Frage bleibt, ob das Stück die Frische und Intensität, die es in der Interpretation von Elizabeth Neiman und Johanne von Harsdorf im BKA hatte, bei mehrmaligem Hören beibehält. Und die Antwort fiele leichter, wären Crumbs Werke in Berlin öfter zu hören — was hoffentlich der Fall sein wird. Marc Meier