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Universeller Feminismus

■ betr.: "Verschleierung der Machtverhältnisse", "Feministischer Internationalisms?!", taz vom 2.4.92

betr.: „Verschleierung der Machtverhältnisse“, „Feministischer Internationalismus?!“,

taz vom 2.4.92

[...] Die Vorschläge, einen Weltfrauensicherheitsrat zu gründen sowie ein internationales Notruf-Netz, finde ich sehr interessant. Ein internationales Netzwerk engagierter Frauen zu entwickeln und aufzubauen, ist ein aufregender Gedanke. Allerdings sollte man die, wie berichtet, vorgeschlagene Strategie mancher deutscher Feministinnen („Wir sollten einfach im Namen des Weltfrauensicherheitsrates sprechen und damit die Idee verbreiten“) kritisch beleuchten.

Wenn es ernsthaft darum geht, eine effektive internationale Frauenorganisation aufzubauen, dann muß man sich zuvor klar machen, was das tatsächlich bedeutet und welche Gefahren in solch einem Projekt stecken. Es war schließlich der UN-Sicherheitsrat, der dem Irak den Krieg erklärt hat und jetzt Libyen in die Ecke drängt. Es läßt sich wohl mit Fug und Recht behaupten, daß der Weltsicherheitsrat in seiner derzeitigen Zusammensetzung und Struktur in erster Linie die Interessen seiner mächtigsten Mitglieder, vor allem die des Nordens, vertritt und verteidigt. Wir müssen uns also fragen: Würde die Gründung eines Weltfrauensicherheitsrates — im Namen der Frauenemanzipation — den Frauen des Südens in dem Sinne Schaden zufügen, als nur die Frauen des arabischen Nordens durch Europa und die USA „touren“ mit Vorträgen, Konferenzen, Artikeln und Büchern? Diese Frauen sind wichtig und redegewandt, aber sie gehören alle einer Strömung an. Sie haben sich stark vom Feminismus des Nordens inspirieren lassen, sprechen die Sprache nördlicher Feminstinnen, und, was vielleicht das Wichtigste ist, sie sagen (wenn auch meist unbeabsichtigt), was die nördlichen Feministinnen hören wollen. Die Konferenz in Berlin scheint mir ein gutes Beispiel dafür zu sein. Da erläutert Fatima Mernissi, eine bekannte Wissenschaftlerin und Feministin, ihre Ansichten über arabische Frauen und den Islam. Ihre Perspektive ist mit Sicherheit interessant und anregend, aber es ist eben nur eine Perspektive, mit der Leichtigkeit, mit der ein nördliches Publikum sie verstehen und sich darauf beziehen kann. Im Gegensatz dazu wurden die Äußerungen von Ghayad el- Hashmy, der einzigen verschleierten Frau, eher feindselig aufgenommen — sie entsprach wohl nicht den Anforderungen nordfeministischer Rede.

Universeller Feminismus? Ein weiteres Konzept, dessen Wurzeln im Norden liegen. Ich kenne viele politisch und beruflich stark engagierte arabische Frauen, die es nicht im mindesten interessiert, was Nord- Feministinnen über ihr Leben zu sagen haben. Dafür gibt es Heerscharen von Gründen, und der Imperialismus zählt nicht zu den geringsten davon.

Laßt uns einen gleichberechtigten Dialog beginnen, der so vielen Ansichten wie möglich Raum gibt — selbst wenn einige nicht nach dem Geschmack nördlicher Feministinnen sind. Es wäre schon interessant zu sehen, wie lange es die nördlichen Organisatorinnen aushalten können, sich die Gedanken ihrer Schwestern aus dem Süden anzuhören und darüber zu diskutieren, ohne ihnen ihre wertvollen Ratschläge zu erteilen. [...] Krista Masonis, Kairo/Ägypten

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