Bewährungsstrafe für Brandanschlag

Drei Mitglieder einer tendenziell rechtsextremen Bremer Jugendclique zu 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt/ Tat nicht als Mordversuch gewertet/ Alle drei Täter mit „Normalbiographie“  ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf

Zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten hat das Bremer Landgericht gestern die drei jungen Männer verurteilt, die gestanden hatten, in der Nacht zum 3.10.91, dem „Tag der deutschen Einheit“, ein Flüchtlingswohnheim in Brand gesteckt zu haben. Dem von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwurf des versuchten Mordes folgte das Gericht nicht, da die „Tötung von Menschen nicht beabsichtigt“ gewesen sei, so das Urteil.

Alle drei Brandstifter, von denen zwei gutbürgerlichen Bremer Familien entstammen, gehörten einer „Penny-Crew“ genannten Jugendclique an. „Crew“-Mitglied war auch der Spitzenkandidat der rechtsextremen „Nationalistischen Front“ bei der letzten Bürgerschaftswahl. Zwar war bei allen drei Angeklagten rechtsextremes Material beschlagnahmt worden, die Jugendgruppe selbst sei aber, so das Gericht, keine „rechtsextreme Vereinigung“ gewesen. Lediglich „bei einzelnen Mitgliedern“ habe es solche „Tendenzen“ gegeben. „Haß gegen Dealer“, „Ausländerfeindlichkeit“ und das „allgemeine gesellschaftliche Klima“ machte das Gericht dagegen ebenso für den Brandanschlag verantwortlich wie „Ablösungsschwierigkeiten aus dem Elternhaus“. Mit der Tat hätten die drei Angeklagten keine Menschen gefährden, sondern lediglich „ein Zeichen setzen“ wollen. Dennoch sei angesichts des gezielten Werfens von drei Molotowcocktails in ein unbeleuchtetes Zimmer des Bremer Flüchtlingsheims von einer „ganz erheblichen persönlichen Schuld“ auszugehen.

Die den Angeklagten zur Seite gestellten Jugendgerichtshelfer hatten im Verlauf der fünf Verhandlungstage des Prozesses ihre Schützlinge übereinstimmend als „sehr sensibel“, „nicht gerade von Selbstbewußtsein strotzend“, „ein bißchen naiv“ und „pubertär“ bezeichnet. Alle drei hätten „eine Normalbiographie“ hinter sich. Gemeinsam sei ihnen zudem, daß ihre Eltern weit mehr von ihnen erwartet hatten, „als sie gebracht haben“. Zwei der drei Brandstifter mußten das Gymnasium wegen schlechter Leistungen abbrechen, der dritte war sitzengeblieben und mußte die Schule wechseln.

„Gregor war in seiner Firma als außerordentlich pünktlich und ordentlich bekannt“, berichtete sein Gerichtshelfer. In dem Betrieb habe er sogar direkt mit vier ausländischen Kollegen, darunter zwei Schwarzen, zusammengearbeitet. Probleme habe es bis zu seiner Verhaftung — also auch in den drei Wochen nach dem Brandanschlag — nie gegeben. In die „Penny-Crew“ sei er eher „zufällig“ geraten. Deren „ausländerfeindliche Stimmung“ entspreche doch nur „dem Zeitgeist“.

Den rechtsextremen Zusammenhängen der „Penny-Crew“ konnte das Gericht vor allem deshalb nicht nachgehen, weil alle weiteren Mitglieder der Jugendclique, die dazu als Zeugen gehört werden sollten, von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten. Gegen sie laufen Anklagen wegen „Nichtanzeige“ des Brandanschlags, von dessen Vorbereitung sie wußten. In einem Parallelverfahren wurde einer von ihnen in der vergangenen Woche zu 2.400 Mark Geldstrafe verurteilt.

Die Freiheitsstrafe der drei Brandstifter wurde für zweieinhalb Jahre zur Bewährung ausgesetzt, da beim Jugendstrafrecht der „erzieherische Gesichtspunkt“ und nicht „Sühne oder Abschreckung“ im Mittelpunkt stehe und bereits die dreiwöchige beziehungsweise dreimonatige Untersuchungshaft einen deutlichen Eindruck auf die Brandstifter gemacht habe, so das Gericht. Neben 20 Tagen gemeinnütziger Arbeit wurde den drei jungen Männern weiterhin zur Auflage gemacht, jeden Wechsel ihrer Wohnung, ihrer Arbeit oder ihrer Ausbildung von einem Bewährungshelfer genehmigen zu lassen.

Da sowohl die Angeklagten als auch der Staatsanwalt das Urteil annahmen, wurde es sofort rechtskräftig. Auf die Verurteilten kommen nun noch rund 100.000 Mark Schadenersatz-Ansprüche für die Sanierung des durch den Anschlag stark beschädigten Wohnheims zu.