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Wirtschaftsgipfel

■ betr.: "Reparationen für 500 Jahre Sklaverei" und "Eine richtige Konferenz", taz vom 11.5.92

betr.: „Reparationen für 500 Jahre Sklaverei“ und „Eine richtige Konferenz“, taz vom 11.5.92

Ohne in überflüssige Verallgemeinerungen abzuschweifen: immer öfter ist mir Euer Geschreibsel nicht mehr nachvollziehbar, erschreckt mich sogar, weil es — wie in diesem Fall — herrschende Oberflächlichkeit nicht untergräbt.

Den Wirtschaftsgipfel kommentierend, wird da im Wortlaut die Kritik der Bundesregierung an den GegnerInnen (BUKO u.a.) der Konferenz übernommen. „Pauschalität“ in der Auseinandersetzung derer wird beklagt, die die ausbeutenden und erniedrigenden Verhältnisse dieser Wirtschaftsordnung noch benennen. Als „richtig und wichtig“ wird ein Treffen von Staatsmännern gelobt, die im Zeichen der Sponsoren aus allen Bereichen der Wirtschaft über den Ausbau ihres Marktes reden, als ginge es um das scheinbar harmlos bunte Treiben auf dem samstäglichen Domplatz.

Dagegen ein paar SpinnerInnen, die angeblich nichts besseres zu tun hatten, als das Karstadt-Gebäude auszubuhen und mit ihren Ulrike- Meinhof-Gedenkschildchen dem Affentheater Möllemanns in nichts nachstehen. Der so sehr gnädige Verzicht auf „marktideologische Rhetorik“ brachte den ministerialen Schauspielern der Weltbühne allem Anschein nach ihren errechneten Erfolg: Die Bretter, die die Welt bedeuten vor die Köpfe der JournalistInnen und auf die Schädel der hungernden Bevölkerung des Weltsüdens. Jens Kastner, Senden

Die taz überrascht uns wieder einmal mit neuen Erkenntnissen, von denen ich einige zum besten geben möchte: der „Marsch durch die Institutionen“ hat endlich die Weltbank erreicht, die politischen Auseinandersetzungen der siebziger Jahre waren im Kern eine „Bürgerbewegung“, die internationalistische Bewegung findet ihr Thema nicht, die Autonomen haben ein geschlossenes Weltbild, Claudia Roth zitiert alte Schlager (Ton Steine Scherben) und Bundeswirtschaftsminister Möllemann führt eine Konferenz durch, „die richtig und wichtig war“. Was mag also geschehen sein?

In Münster trafen sich die Wirtschaftsminister der wichtigsten westlichen Industrieländer, um den Weltwirtschaftsgipfel in München vorzubereiten und um die Politik gegenüber Osteuropa abzustimmen. Anläßlich dieses Treffens fand eine Demonstration mit über 3.000 Menschen statt, die hiermit ihren Widerstand gegen die herrschende Weltordnung und das Münsteraner Spektakel auf die Straße trugen. Daß neben Osteuropa die Situation im Trikont im Vordergrund stand, hat nichts mit der vermeintlichen Sicherheit altbekannter Themen zu tun, sondern die Beziehungen zwischen den reichen Industrieländern und den Staaten des Südens sind weiterhin von struktureller Abhängigkeit mit all den bekannten negativen Auswirkungen für die Bevölkerung geprägt. Daran hat das Ende des „Kalten Krieges“ und der vermeintliche Sieg der ach so sozialen Marktwirtschaft ebensowenig geändert, wie der modische zivilgesellschaftliche Diskurs in den Metropolen. Wenn auch viele ehemalige Linke ihre eigene Biographie in Frage stellen und Geschichtsrevision betreiben, heißt dies noch nicht, daß diejenigen, die sich ihrer Geschichte bewußt sind und sich auch darauf beziehen, dogmatisch und verblendet sind. Und zu dieser Geschichte der bundesdeutschen Linken gehört, ob es der taz gefällt oder nicht, auch Ulrike Meinhof.

Die von der G-7 angestrebte „Stabilisierung der Weltordnung“ scheint somit der einzige Ausweg, muß nicht mehr hinterfragt werden, und die vorbehaltlose „Hilfsbereitschaft“ des Westens verwundert auch keinen taz-Redakteur mehr, so daß auch die Übernahme des unangebrachten Euphemismus „Reformstaaten“ für die Länder Osteuropas die Leser nicht verwundern sollte. [...] Michael Voregger,

Gelsenkirchen

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