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Vögel: essen, zählen, ordnen

■ Neu auf dem Buchmarkt: „Die Vögel Bremens“, herausgegeben vom BUND

Bremen ist ein kleines Vogelparadies. Selbst die Entwässerung vieler Feuchtgebiete durch Weserkanalisierung und industrielle Landwirtschaft haben nicht verhindern können, daß sich noch immer 290 Vogelarten in Bremen zu Hause fühlen — weit mehr als in allen anderen vergleichbaren deutschen Landschaften. Welche Vogelarten das sind, wie und wo sie leben, wie sich ihre Bestände in den letzten hundert Jahren verändert haben und welchen Zusammenhang es dabei mit der Veränderung von Stadt und Landschaft gibt ist jetzt auf über 500 Seiten in dem Buch „Die Vögel Bremens“ nachzulesen, das seit gestern im Buchhandel und bei dem Herausgeber, dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), zu kaufen ist.

Die beiden Autoren, Joachim Seitz und Kai Dallmann, haben neben jahrelangen eigenen Vogel-Beobachtungen mehrere hundert Literaturstellen und tausende Zählungen ehrenamtlicher Ornithologen ausgewertet. Allein aus den Jahren 1971-88 waren 13.000 fein säuberlich auf Karteikarten abgelegte Beobachtungsprotokolle zu erfassen. Nach fünf Jahren Vorarbeit ist ihr Buch die erste umfassende Darstellung der Bremer Vogelwelt und schließt damit eine Lücke der deutschen Ornithologie.

Betrachtete die älteste eingearbeitete Veröffentlichung, nämlich der Aufsatz von J.W. Hönert aus dem Jahre 1780 unter dem Titel „Etwas vom Fange der wilden Schwimm- und Sumpfvögel als einem besonderen Nahrungszweige im Sanct-Jürgen Lande im Herzogthum Bremen“, Bremens Vögel noch vor allem unter dem Aspekt ihrer Eßbarkeit, beschäftigen sich neuere Forschungen eher mit den Zusammenhängen zwischen Artenvielfalt und menschlicher Landschaftsveränderung. Zwar sind seit Beginn des Jahrhunderts 23 Bremer Vogelarten ausgestorben und weitere 37 immer seltener zu sehen, gleichzeitig wanderten aber 25 Arten neu in die Bremer Region ein und 14 Arten haben sich stark vermehrt. Dabei handelt es sich jedoch zumeist um Allerwelts-Vögel wie die Amsel oder die Stockente.

Aber in Bremen brüten auch 48 Vogelarten, die bundesweit auf der Roten Liste für besonders vom Aussterben bedrohte Tiere geführt werden — einige davon sogar so zahlreich, daß sie wie der Graureiher, der Grünspecht oder das Braunkehlchen in Bremen als ungefährdet eingestuft werden können.

Vor allem bei den Wiesenvögeln hat Bremen den bundesweit bedeutendsten Bestand aufzuweisen. Bekassinen, Löffelenten, Uferschnepfen und Kiebitze sind häufig zu finden - wenn man an der richtigen Stelle nach ihnen sucht. Das neue Buch macht dazu genaue Angaben. Damit es zu einen erschwinglichen Preis verkauft werden kann, haben nicht nur die Autoren auf Honorar verzichtet, sondern der Druck der ersten 2.000 Exemplare wurde auch aus Lottomitteln bezuschußt. Ase

Joachim Seitz, Kai Dallmann: „Die Vögel Bremens und der angrenzenden Flußniederungen“, Hrsg. vom BUND, 536 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Karten und Diagramme, 48 Mark.

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