: Ex-Bürgermeister Lafontaine kämpft ohne Rückendeckung
Berlin (taz) — Der angeschlagene saarländische Ministerpräsident und SPD-Vizechef Oskar Lafontaine sieht sich als Objekt einer „schmutzigen Rufmordkampagne“. Beleidigt hat er sich in den vergangenen Tagen auf die im einzelnen juristisch schwer nachvollziehbare Position zurückgezogen, die kritisierten Versorgungsbezüge für seine ehemalige Tätigkeit als Oberbürgermeister von Saarbrücken stünden ihm von Rechts wegen zu. Alle Vorwürfe seien anhand vorgelegter Unterlagen „eindeutig widerlegt“. Im übrigen werde er „nicht einen Millimeter weichen“.
Mittlerweile haben die Oppositionsparteien CDU und FDP im Saarland einen Mißtrauensantrag gegen Lafontaine eingebracht, der voraussichtlich kommende Woche auf einer Landtagssondersitzung behandelt werden soll. Sollte dieser Antrag nicht zurückgezogen werden, drohte der Regierungschef am Mittwoch, werde er auf einer namentlichen Abstimmung im Parlament bestehen.
Die SPD-Spitze versucht indes verzweifelt, den Schaden für das Ansehen der Partei zu begrenzen. Vizevorsitzender Wolfgang Thierse und die bayerische SPD-Chefin Renate Schmidt fordern jetzt die Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur allgemeinen Klärung der Politiker- Bezahlung. Der Parteivorsitzende Björn Engholm hatte allerdings zu Wochenbeginn verkündet: „Wenn es ein Fehlverhalten (Lafontaines) gibt, muß man darüber reden.“ Dann solle aber auch geprüft werden, was es sonst in weiten Teilen der Gesellschaft an Fehlverhalten gebe. Unklar ist, ob er damit ausdrücken wollte, daß SPD-Politiker auch nicht besser seien als andere Gesetzesbrecher. Der ostdeutsche SPD-Abgeordnete im Bundestag bezeichnete Lafontaines Verhalten als „verwerflich“.
Unterdessen will der CSU-Bundestagsabgeordnete Günther Müller ein weiteres Beispiel dubioser Mehrfachbezüge ausgegraben haben, gegen den der „Fall Lafontaine“ noch „harmlos“ sei. Unter Verletzung des Kommunalwahlbeamtengesetzes soll der langjährige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel eine Pension als früherer Oberbürgermeister von München bezogen haben.
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