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Nicht wahrnehmbar: Frauenunterdrückung

■ betr.: "Hallo, bitte, nein danke", taz vom 9.5.92

betr.: „Hallo, bitte, nein danke“ von Mirjam Schau,

taz vom 9.5.92

Nadine Gordimer sprach einmal von der Gewöhnung an gesellschaftliche Brutalität. Sie bezog sich auf den Rassismus in Südafrika. Daran mußte ich denken bei Mirjam Schaubs Besprechung von Senta Trömel-Plötz Vatersprache, Mutterland.

Frauenunterdrückung mit ihren entsprechenden Mechanismen scheint so sehr Teil unserer Gesellschaft zu sein, daß Frauen wie Schaub sie gar nicht wahrnehmen. Oder hat Schaubs entrüstete Zurückweisung eines solchen Untatbestandes, wie ihn Senta Trömel-Plötz in ihrem Buch benennt, andere Ursachen? Möchte sie es mit den Machthabenden, von denen ja auch ihr Weiterkommen abhängt, nicht verderben? Wirbt sie auf Kosten einer couragierten Feministin um Anerkennung in ihrer Umwelt?

Sicherlich haben Frauenforschung und Frauenförderprogramme emanzipatorische Arbeit geleistet, doch halten sie sich oft allzu ängstlich an vorgebene Konventionen. Trömel-Plötz zeigt in ihrer Essaysammlung wissenschaftlichen und persönlichen Mut, Tabus zu brechen, also gerade das, was ihr Schaub abspricht. Sie ist alles andere als „eine Abrechnung ohne Bestandsaufnahme“. Aus der Zusammenstellung ihrer sonst nur schwer zugängigen Aufsätze, die wissenschaftliche, politische, gesellschaftliche und kulturelle Gebiete umspannen, läßt sich ein durchgehendes Muster von Frauenunterdrückung ablesen, das Trömel-Plötz mit intellektuellem Spürsinn und aus einem Verantwortungsbewußtsein gegenüber der Gesellschaft, für die sie Tatbestände dokumentiert und zu deren Veränderung sie beitragen will, aufdeckt. Dr. Theresia Sauter-Bailliet, Rhein.-Westf. Technische Hochschule Aachen.

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