: Clearasilgetränkte Supernasen
Die Adoleszenten-Kultserie „Beverly Hills 90210“ jetzt auf RTLplus ■ Von Harald Keller
In den USA schalten allwöchentlich Myriaden von Teenagern die Fernsehserie Beverly Hills 90210 ein, und es deutet einiges darauf hin, daß deutsche Altersgenossen ihnen auch diese kleine Verstiegenheit nachtun werden. Die Grundidee der Sendereihe ist nicht neu; sie stammt aus dem Sitcom-Klassiker The Beverly Hillbillies. Nämlicher verarbeitete die Abenteuer eines Hinterwäldler- Clans, der durch Ölfunde unversehens zu Reichtum gelangt und sich im mondänen Beverly Hills ansiedelt. Die aberwitzigen Eskapaden der Agrariersippe inmitten der snobistischen Westküsten-High-Society lieferte den Autoren unendlichen Stoff für allerlei Schabernack, der dem US-Publikum bestens gefiel.
Eine ähnliche Exposition, eine andere Zielgruppe, aktuellere Inhalte: In Beverly Hills 90210 entdecken die 16jährigen Zwillinge Brenda und Brandon Walsh die Welt der Schönen und Reichen, nachdem ihr Vater aus Minneapolis in die kalifornische Megastadt Los Angeles versetzt wurde. Die beiden jungen Leute erleben eine Art Kulturschock: Der Schulparkplatz sieht aus wie ein Ausstellungsgelände für Nobelkarossen, ihre Mitschülerinnen lassen sich in den Ferien vom Schönheitschirurgen die Nasen richten („nose-job“) und geben in den Luxusvillen ihrer steinreichen Eltern Parties, die eher an den Woodstock-Auftrieb als an herkömmliche Schülerfeten erinnern. Obwohl man Neulingen hier eher reserviert gegenübertritt, finden unsere Herzchen ob ihres unwiderstehlichen Charmes rasch Anschluß.
Schon im Pilotfilm, über dem bereits die Phantome der Seifenopern schweben, erfahren beide frühe Liebesfreude und ebensolches Leid. Mit der ersten Serienepisode beginnt der Ernst des clearasilgetränkten Lebens: Von Alkoholismus und Ladendiebstahl über pubertäre Identifikationssuche bis hin zur leisen Kapitalismuskritik wird jugendgerecht aufbereitet und abgehakt, was sich unsereins noch mühsam aus der Kolumne des „Dr. Sommer“-Kollektivs zusammenreimen mußte. Daß die Serie unter den Adoleszenten zum Renner wurde, liegt allerdings weniger am pädagogischen Konzept als am attraktiven Milieu und den unter dem Kriterium der Idol-Tauglichkeit ausgewählten, unerhört gut aussehenden SchauspielerInnen. Realität und Fiktion gehen traut Hand in Hand, wenn eine der luxusgewohnten Schülerinnen von Tori Spelling dargestellt wird. Sie ist die Tochter Aaron Spellings, des Produzenten-Zaren, der für ein annehmbares Heim ohne Anzeichen von Nervosität 40 Millionen Dollar auf den Tisch legt. Ganz besondere Sympathie gebührt dem aus weniger privilegierten Verhältnissen stammenden Mädchenschwarm Luke Perry. Der Darsteller des Byron-Adepten Dylan McKay liebt nichts mehr als die Musik von Tom Jones. Luke, wir folgen Dir — denn für eine Platte des größten Soulsängers weißer Hautfarbe opfern Kenner leichten Herzens jeden musikalischen Erguß von Clownstruppen wie etwa Guns N'Roses.
Beverly Hills 90210 steht als Serie in der Tradition der besseren High- School-Filme, wie sie von Martha Collidge (Joy of Sex; Plain Clothes), von John Hughes (Breakfast Club) oder Amy Heckerling (Fast Times at Ridgemond High) fürs Kino gedreht wurden: Ein Hauptspaß für die angepeilte Altersgruppe und uns Alt- Teens, die wir gelegentlich in der U-Bahn klammheimlich, aber genüßlich in die 'Bravo‘ des Sitznachbarn spähen. RTL plus zeigt den Pilotfilm am 4. Juli um 13 Uhr. Die Serie wird jeweils samstags um 19.15 Uhr zu sehen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen