Polens Premier muß weitermachen

Obwohl Pawlak keine Mehrheit für eine Regierungsbildung zuwege bringt und um seine Entlassung nachsucht, zwingt ihn Präsident Walesa zum Weitermachen/ Parlamentsauflösung bleibt im Gespräch  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Polens Premier Waldemar Pawlak hat seine mehrwöchigen und bisher vergeblichen Versuche, eine Regierung zustande zu bringen, aufgegeben und Präsident Walesa vor dem Parlament am Donnerstag ersucht, ihn von seinem Auftrag zu entbinden. Das Präsidialamt reagierte prompt und stur: Walesa habe zunächst nicht die Absicht, dem Ersuchen stattzugeben, ließ der Präsident mitteilen. Pawlak solle sich weiter bemühen. Walesa werde im Parlament die Ablösung des Regierungschefs nicht beantragen. Ohne Annahme eines solchen Antrags im Parlament — eine Mehrheit dafür wäre gegenwärtig kein Problem — wird der Rücktritt nicht wirksam.

Bereits am Mittwoch hatte Walesa vor der Presse erklärt, er erwäge auch eine Auflösung des Parlaments und die Ausschreibung von Neuwahlen. „Ich möchte das aber eigentlich nicht tun“, so Walesa, „denn das wäre die schlechteste Lösung.“ Ein paar bessere habe er noch auf Lager. So könne man ein Übergangskabinett mit der Amtsführung für eine begrenzte Zeit betrauen, falls sich die Parteien nicht einigen könnten.

Pawlaks bisheriges Scheitern ist vor allem darauf zurückzuführen, daß es ihm nicht gelang, die Unterstützung der kleinen Koalition aus Liberalen, Demokratischer Union und Polnischem Wirtschaftsprogramm zu erhalten, die zusammen über mehr als ein Viertel der Parlamentssitze verfügt. Als Gegenleistung für ihre Unterstützung hatte die kleine Koalition verlangt, nahezu alle Schlüsselministerien, vom Innen-, Verteidigungs- und Finanzministerium bis zu zwei Vizepremierposten mit ihren Leuten besetzen zu können. Dies war wiederum für die Polnische Bauernpartei nicht akzeptabel gewesen. Auch Präsident Walesa soll Vorbehalte gegen eine nur aus Polnischer Bauernpartei und kleiner Koalition bestehenden Regierung gehabt haben, da diese auf die Unterstützung der exkommunistischen Linken angewiesen gewesen wäre. Deren Parteispitze hatte diese Unterstützung zwar zugesagt, ohne dafür Regierungsposten zu fordern, doch gerade das wiederum hätte der rechten Opposition im Parlament Argumente geliefert für den ohnehin ständig erhobenen Vorwurf, die Regierung Pawlak wolle Polen zurück zum Kommunismus führen.

Sollte Walesa Pawlak doch noch von seinem Auftrag zur Regierungsbildung entbinden, gälten als aussichtsreichste Kandidaten für die Nachfolge Politiker der Demokratischen Union, unter ihnen Ex-Premier Mazowiecki und dessen Stellvertreter Aleksander Hall und Jacek Kuron. Zu erwarten ist, daß nun die Versuche, eine Koalition aus kleiner Koalition, Christnationalen und Zentrum zustande zu bringen, verstärkt werden. An einer solchen Regierung könnte sich auch die Polnische Bauernpartei beteiligen, allerdings ohne dabei den Premier zu stellen.