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Herren mit Bauchringen

■ Die Herren der Ringe, ARD, Do., 23 Uhr

Haben nun also Edwin Kleins Bitterer Sieg mit einem wohligen Gruseln, aber doch in der festen Überzeugung studiert, es handele sich um einen Roman, mithin um Fiktion! Und was müssen wir nun mitbekommen? Uaaaaaah! Die Realität noch viel grauenerregender, als es sich der wildeste Hammerwerfer in seinen perversesten Träumen ersinnen könnte? Die Briten Vyv Simson und Andrew Jennings haben ihre Version vom olympischen Märchen unter dem Titel Geld, Macht und Doping auch schon als Buch veröffentlicht, was dem IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch wenig gefallen hat. Der 71jährige Ober-Olympier kommt aber auch wirklich nicht gut weg: Nicht nur, daß er die ihm anvertrauten Coubertinschen Ideale verraten und auf ihren Trümmern ein Wirtschaftsunternehmen aufgebaut hat, kreiden ihm die Briten an. Auch seine dunkelbraune Vergangenheit in Francos Unrechtsstaat paßt ihnen nicht. Als ob das irgend etwas mit Sport zu tun hätte, daß Hans Anton ein paar Jährchen in faschistischer Uniform rumgekaspert ist und seine Briefe mit „es grüßt mit erhobenem Arm“ unterschrieben hat.

Und die Geschichte mit dem inzwischen verblichenen Adidas-Chef Horst Dassler, der als erster erkannt hatte, daß man umso mehr Turnschuhe verkauft, je größer der Einfluß auf das IOC ist, und er deshalb seinen Spezl Juan 1980 an die Spitze des Vereins boxte? Na bittschön, Vollbeschäftigung in Herzogenaurach, und irgendwelche Schuhe müssen die Sportler ja anziehen! Der Spanier-Hansl kümmert sich wenigstens. Um sich und auch um seine Kumpels. Denn wen er in seinen Club aufnimmt, der kriegt auch bald seine Ringe. Um den Bauch. Doch dafür zahlen, so Juans Lebensphilosophie, tun immer die anderen, und am meisten die Sportler, die sich im übrigen wegen des bißchen Pillengeschluckes nicht so haben sollen. Schließlich stehen sie im Dienst einer großen und gerechten Sache, dem Bankkonto des IOC.

Also, wenn wir die Briten richtig verstanden haben wollen, handelt es sich bei Juan und seinen 94 Komplizen aus dem Lausanner Marmorpalast um die korrupteste Bande auf Gottes Erdboden. Das heißt, die zweitschlimmste, denn wir wollen weder übertreiben, noch jemanden zurücksetzen. Am wenigsten den Vatikan. Peter Unfried

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