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Stimmen aus dem Gefängnis

In keinem Staat der Welt sitzen prozentual mehr Menschen im Gefängnis als in den USA: Eine Million sind es im Moment, etwa vier vom Tausend der Bevölkerung. Für afroamerikanische Männer ist diese Rate noch bedeutend höher, nämlich 31 vom Tausend. Nach Angaben eines Berichts der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ in New York befinden sich mehr afroamerikanische Männer im Alter von 20 bis 30 Jahren im Gefängnis oder nur aufgrund einer Kaution in Freiheit beziehungsweise auf Bewährung, als insgesamt in Colleges oder auf Universitäten („Prison Conditions in the United States“). Offizielle Zahlen des Justizministeriums zeigen, daß sich die Anzahl der Gefangenen zwischen 1980 und 1990 verdoppelt hat, und Eingeweihte erwarten bis 1995 die Zunahme um ein weiteres Drittel.

Vorangetrieben wird diese Entwicklung vor allem durch die etwa sechzig neuen Gesetze, die kürzlich vom Kongreß verabschiedet wurden. Der heftige Zuwachs der Gefängnisbevölkerung hat im übrigen kaum eine Auswirkung auf die Kriminalitätsrate in der Gesellschaft gehabt.

Die Autoren der hier vorgestellten Texte sind oder waren Insassen von Haftanstalten in Massachussets. Sie sind weder politische Gefangene noch waren sie etwa direkt Opfer von Zensur. Sobald Menschen jedoch hinter Gittern verschwunden sind, werden sie stumm und unsichtbar für die Gesellschaft. So weit es uns hier draußen angeht, könnten sie ebenso gut völlig unterdrückt und mundtot gemacht worden sein.

Diese Männer und Frauen jedoch haben Geschichten zu erzählen, die anzuhören sich lohnt. Ihre Arbeit sind Ergebnis der Schreibprogramme des PEN-Clubs und Curry College von New England. Zusammengestellt hat sie Monroe Engel, selbst Autor und früher Dozent für Englisch an der Harvard- Universität; seit drei Jahren gibt er im Rahmen des PEN-Programms im Gefängnis Norfolk Schreibkurse.

Gefängniszeitungen waren immer Mittler zwischen den Menschen drinnen und draußen. Ein wichtiges Forum in Massachussetts ist Odyssey, eine Zeitschrift, die im Gefängnis von Norfolk entstand. Ende 1990 wurde sie dort verboten und wird jetzt draußen weiter produziert. Luke Janusz, der mit der Chefredaktion der Zeitschrift als Insasse von Norfolk begann, erzählt hier ihre Geschichte und berichtet über ihre Ziele und die Bedeutung, die sie für die Gefangenen bekam.

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