: Halbe Familie wird abgeschoben
■ Oldenburger Flüchtlingsschicksal geht nach vier Jahren zu Ende
Ein Oldenburger Flüchtlingsschicksal, das in in den letzten vier Jahren immer wieder für öffentliches Aufsehen gesorgt hat, droht jetzt endgültig mit einer Abschiebung zu enden. Heute läuft die letzte Duldungsfrist für die achtköpfige Roma-Familie Demirov ab, die 1988 aus dem südjugoslawischen Mazedonien nach Oldenburger geflüchtet war. „Die Familie ist ausreisepflichtig“, bestätigte der Leiter der Oldenburger Ausländerbehörde, Wasserberg, gestern gegenüber der taz, „alle Frauen müssen sofort ausreisen, lediglich der Vater bekommt noch einen Aufschub bis sein 16jähriger Sohn aus dem Krankenhaus entlassen ist.“
Für die Familie Demirov ist das bereits die zweite Abschiebung. Schon im Januar letzten Jahres waren sie nach Mazedonien zurückgeschickt worden. Dort war der Familienvater jedoch von der serbischen Armee zum Einsatz in Kroation und Bosnien rekrutiert worden. Seiner Einberufung hatte die Familie sich mit der zweiten Flucht nach Oldenburg entzogen. Doch ihr Asylfolgeantrag war abgelehnt worden, da sie kein Dokument für die Einberufung vorweisen konnte.
Das haben Verwandte inzwischen besorgen können, doch der Familie nützt es nichts mehr. „In einem Brief des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen wird bestätigt, daß die serbische Armee ihre Rekrutierungen in Mazedonien inzwischen beendet hat und das Land de-facto als unabhängig gelten kann“, begründet Ausländerbehörden-Chef Wasserberg, warum die Abschiebung jetzt trotzdem durchgeführt werden könne.
Acht Wochen lang hatte sich die Familie Demirov nach Ablauf der ersten Duldungsfrist am 6. April in Oldenburg versteckt gehalten. Rund 30 Familien aus Kirchen- und Flüchtlingsinitiativen- Kreisen hatten für die Unterbringung der Großfamilie gesorgt. Erst am 5. Juni konnte die Polizei mit einem spektakulären Großeinsatz, an dem sogar ein Hubschrauber beteiligt war, einen Teil der Familie aufspüren und in Handschellen abführen.
Die Oldenburger Monopolzeitung NWZ hatte am Morgen des gleichen Tages unter der Überschrift „Wilde Schießerei in Hamburg beendet Abschiebungs- Streit“ berichtet, daß die Familie Demirov an einer Schießerei in der Hamburger Flüchtlingsunterkunft Billbrook beteiligt gewesen sei, bei der ein Mensch getötet und drei weitere lebensgefährlich verletzt worden waren. Später stellte sich jedoch heraus — und konnte in einer gegen die NWZ durchgesetzten Gegendarstellung richtiggestellt werden —, daß die Familie Demirov nicht Täter, sondern Opfer der Schießerei war. Der Bruder des Familienvaters war dabei getötet und der 16jährige Sohn lebensgefährlich verletzt worden.
Nur die Tatsache, daß der Sohn anschließend wochenlang auf der Intensivstation eines Hamburger Krankenhauses behandelt werden mußte, schützte die Familie Demirov vor sofortiger Abschiebung; die Oldenburger Ausländerbehörde setzte eine neue Duldungsfrist bis zum 28. Juli fest.
„Wir gehen davon aus, daß sich Familie Demirov freiwillig ins Flugzeug nach Skopje setzt“, meinte der Ausländerbehörden- Chef gestern. Auch die Oldenburger UnterstützterInnen sehen keine Chance mehr, die Abschiebung des ersten Teiles der Familie zu verhindern. Ase
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