KOMMENTAR: Von zwölf bis mittags
■ Die BVG erhöht wieder einmal die Preise
Vorgestern abend, unterwegs mit dem Rad zum Teufelssee, fiel die Reporterin fast vom Sattel, so silbern erglänzte die Kuppel des Bahnhofs Heerstraße, der gerade in vollem Prunk wiederhergestellt wird. Auch woanders fließt das Geld in Strömen: Da werden für 85 Millionen eine Abstellanlage an der Hermannstraße gebaut, für 100 Millionen eine neue Signaltechnik angeschafft und die Bahnhöfe der U-Bahn-Linie 6 für 120 Millionen verlängert. Zudem werden Busspuren aufgehoben, was auch Millionen kostet. Für das alles werden die Fahrgäste nun zur Kasse gebeten. Besser haben es da die Autofahrer: Von der Oberbaumbrücke bis zum Tiergartentunnel fließen gleichfalls Millionen in den märkischen Sand. Aber Pläne, die Autofahrer auch mal dafür zur Kasse zu bitten, werden vom Senat schleppend bis gar nicht verfolgt. Letztes Beispiel war das Desaster mit der vorgeschriebenen Umweltkarte für Autofahrer, wo der Verkehrssenator heute noch die Umsetzung prüft. Dabei sollte es sich selbst in Senatskreisen herumgesprochen haben, daß es für die Lebensqualität einer Stadt ein Fortschritt ist, wenn mehr Menschen statt Auto mit der BVG fahren. Preiserhöhungen sind dazu das falsche Mittel. Und was noch dazukommt: Auch für den gebeutelten Haushalt Berlins brächten weniger Autos ganz konkrete Einsparungen, von den Krankenhauskosten über den Straßenbelag bis zu Bodensanierungen, die dann in weniger Fällen nötig sind. Eine Koalition, die nur von zwölf bis mittags denkt, vermag solch mittelfristiger Logik freilich nicht zu folgen. Eva Schweitzer
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