: Musikarbeiter
EMU VON GERKAN, MICHAEL KIRSCH, MICHAEL DUBBERT - SOULCIETY
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å „Wir wollen einen Lebensraum schaffen, wo jeder seinen Platz findet, wo jeder auf Dauer seine Aufgabe hat und das macht, worauf er Bock hat. Daraus zieht man Energie.“ Was sich im ersten Moment wie die Ideologie einer anarcho- syndikalistischen Landkommune liest, ist tatsächlich das Motto der Shooting-Stars in der Hamburger Musikszene, denn es ist gerade ein halbes Jahr her, daß sich das Plattenlable Soulciety zusammenfand, und nun stehen sie schon kurz vor einem weltweiten Vertriebsdeal mit der BMG Ariola.
Und wie kommt's? Lachende Antwort von Emu von Gerkan, einem von zwei Lable-Kompagnons und im Nebenberuf Schwiegersohn des berühmten Hamburger Architekten: „Man sollte immer das machen, wovon man selber am überzeugtesten ist, dann kann man auch am ehesten andere Leute überzeugen.“
Eine schlichte Weisheit, wenn sie Erfolg hat. Hier nun die dazu gehörende Hamburger Tellerwäscher-Geschichte: Eine Gruppe von Soul-Maniacs beginnt als DJs auf Parties und findet langsam den Weg in die Öffentlichkeit. Man beginnt im Tempelhof mit dem Spielen von schwarzer Musik, gibt dem Laden im Paterre des Camelot damit plötzlich Reputation und findet ihm ein Publikum. Genervt von den Türsteher-Marotten beschließt man, einen eigenen Laden aufzumachen und eröffnet gleich drei. Soulkitchen, Baton Rouge und Casablanca, alle verteilt auf zwei Häuser an der Bernhard-Nocht-Straße, werden zu den elysischen Gefilden aller Freunde von 70er Jahre Ambiente und Rare-Grooves.
Langsam wächst eine Szene von Fans und Musikern um die Kneipen auf, und von Gerkan und seine Mit- DJs aus Leidenschaft, Michael Dubbert und Oliver Grabow, beginnen, Veranstaltungen in der Ritze zu organisieren. Aus diesen Konzerten mit anschließenden Jam-Sessions entstehen Kontakte zu Musikern in den USA und England sowie der Gedanke, ein eigenes Lable zu gründen. Bei Gallianos letzter Clubtour lernen sich dann Emu von Gerkan und Michael Kirsch, der damalige Tourmanager von Galliano, kennen und schätzen, und sie beschließen, gemeinsam Soulciety zu gründen. Nach nun drei Maxis, dem Lable-Sampler The Soulciety Funky Family und mit den neuen Perspektiven, erkennt von Gerkan, „sind wir erst am Anfang“.
Alle ihre weiteren Pläne aufzuzählen würde ins Uferlose führen. Erst einmal soll in naher Zukunft jeden Monat eine LP erscheinen. Nächstes Projekt ist ein Album von Kirschs Frau Ann und ihrer Band Rad. Auch dieses Jazz-Soul-Funk- Album wird wieder ins kompromißlose 70er-Image verpackt. „Das war eben die expressivste Zeit“, so von Gerkan, der sich in unnötiger Bescheidenheit nur als ein Teil der großen Hamburger Soul-Family sehen will: „Funky Family ist nicht nur ein Spruch. Da stehen viele dahinter. Leute, die an dem Ding arbeiten, daß mehr gute Musik gehört wird.“
Noch residiert das Lable in einer Privatwohnung in der Kieler Straße gemeinsam mit Dubberts Soulraritäten-Vertrieb Solution, doch wenn sie weiterhin so konsequent „das machen, was wir auch leben“, dann liegen Hamburgs 90er in den 70ern.
Till Briegleb
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