: Schon zwei Dutzend Mal Ozonalarm ausgelöst
■ Vereinzelt bleiben Asthmatiker zu Hause/ DGB fordert »Ozonfrei« für Bauarbeiter/ Grüne: Senat ist tatenlos
Berlin. Der Sommersmog hat in diesem Jahr besonders hart zugeschlagen. Während im gesamten vergangenen Jahr empfindlichen Personen wie Kindern, Rentnern und Asthmatikern »nur« 18mal geraten wurde, Anstrengungen im Freien zu vermeiden, mußte die Umweltverwaltung ihre Warnung in den ersten sieben Monaten dieses Jahres bereits 22mal aussprechen. Der Alarmwert von 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft wurde aber auch im August weiterhin mehrmals überschritten — zuletzt gestern. Der höchste Wert betrug Ende Juli 270 Mikrogramm. Ab 360 Mikrogramm muß die Umweltverwaltung allen Berlinern empfehlen, Anstrengungen im Freien zu meiden. Bisher wurde nur 1989 häufiger Sommersmog-Alarm ausgelöst — nämlich 38mal.
Das Gas aus dem dreiatomigen Sauerstoff (O3) reizt Schleimhäute von Augen, Nase, Rachen und Hals. Die 63jährige Elinor Kubenke berichtet der taz, daß an Tagen mit hoher Ozonbelastung ihre Atembeschwerden deutlich zunehmen. Sie müsse deshalb häufiger zu Hause bleiben. Doch nicht alle empfindlichen Personen sehen einen direkten Zusammenhang zwischen Sommersmog und Gesundheitsbelastung. Der Gesundheitszustand von Christa Chuda, die unter chronischen Atemwegserkrankungen leidet, soll sich in diesem Jahr zwar verschlechtert haben, doch ob die Ursache hierfür das Ozon ist, möchte die 49jährige nicht beurteilen.
Der Gesundheitsverwaltung führt wiederum keine Statistik zu diesem Thema, weil ein Zusammenhang zwischen Symptomen und Krankheiten nur sehr schwer zu erkennen sei, sagt Sprecherin Gabriele Lukas. Der ärztliche Notfalldienst werde an Tagen mit Ozonalarm nicht häufiger in Anspruch genommen als sonst, berichtet ein Mitarbeiter. Auch Lungenarzt Kavel Günsberg berichtet, daß Patienten nicht häufiger kämen — »wir haben extra darauf geachtet«.
Auf Grund der hohen Ozonwerte fordern DGB und der Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, Wolfgang von Geldern (CDU), »Ozonfrei« für Bauarbeiter. Im Arbeitsschutzrecht sei ein Grenzwert von 20 Mikrogramm vorgeschrieben, der unter freiem Himmel ständig überschritten werde. Die Berliner Fraktion Bündnis 90/Grüne wirft dem Land Berlin angesichts der hohen Ozonwerte Tatenlosigkeit vor. Obwohl das Abgeordnetenhaus den Senat im März aufgefordert habe, sich im Bundestag für einen Ozon- Grenzwert von 120 Mikrogramm einzusetzen, sei der Senat nicht initiativ geworden. Dirk Wildt
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