: Südirak: UNO berät über Sperrung des Luftraumes
■ Golfkriegs-Alliierte setzen Irak wegen Repression gegen Schiiten unter Druck/ Debatte über Errichtung einer Zone südlich des 32. Breitengrades, in der Einsatz irakischer Flugzeuge und Hubschrauber untersagt wird/ Bei Verstößen soll Abschuß drohen
New York/Paris (AP) — Die Golfkriegs-Alliierten USA, Großbritannien und Frankreich wollen den Irak militärisch unter Druck setzen, falls die Angriffe der irakischen Luftwaffe auf die Schiiten im Süden des Landes fortgesetzt werden. Aus UNO-Kreisen in New York verlautete am Dienstag, ein Ultimatum sei in Vorbereitung, demzufolge Bagdad künftig untersagt werden soll, Kampfhubschrauber oder Militärflugzeuge in den Südirak zu schicken. Grenzlinie soll der 32. Breitengrad sein. Sollte sich Bagdad nicht daran halten, würden die Flugzeuge abgeschossen.
Das Ultimatum, in dem dem Irak eine nicht näher bezeichnete Frist zur Einhaltung der Forderungen gestellt werden soll, könnte den Informationen zufolge dem irakischen Botschafter bei den Vereinten Nationen, Abdul Amir el Anbari, übermittelt werden. Eine andere Möglichkeit wäre, daß die amerikanischen Truppenkommandeure der irakischen Seite bei den regelmäßig jede Woche stattfindenden Waffenstillstandstreffen in der Stadt Zahko im Kurdengebiet im Norden des Iraks die Forderungen und ihre möglichen Folgen präsentierten.
Der britische Premierminister John Major sagte am Dienstag abend nach einer Kabinettssonderssitzung in London: „Wir werden die Iraker anweisen, das Gebiet nicht mehr zu überfliegen.“ Großbritannien sei gewillt, bei der militärischen Sicherung einer Schutzzone für die bedrängten Schiiten mitzuwirken. Ein Regierungsbeamter sagte ergänzend zu Journalisten, man wolle für eine multinationale Schutztruppe der Golfkriegsverbündeten sechs Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen. Die USA verfügen über etwa 90 Flugzeuge an Bord des Flugzeugträgers „Independence“ im Persischen Golf und in Saudi-Arabien.
Major warf in einem Fernsehinterview dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein vor, er begehe mit den Luftangriffen auf das Schiitengebiet „systematischen Mord und Völkermord“. Auch der französische Außenminister Roland Dumas bestätigte am Dienstag, daß die Alliierten versuchen wollten, die Schiiten im Süden des Iraks, ebenso wie zuvor die Kurden im Norden, dadurch zu schützen, daß irakischen Kampfflugzeugen das Überfliegen des betreffenden Gebiets untersagt wird. Der französische Präsident Fran¿ois Mitterrand erklärte gestern bei einem Treffen mit den beiden irakischen Kurdenführern Massud Barsani und Dschalal Talabani ebenfalls seine Entschlossenheit, sowohl die Kurden im Nordirak als auch die Schiiten im Südirak vor Übergriffen Bagdads zu schützen.
Nach Informationen aus New York könnte die Errichtung einer Sperrzone für irakische Flugzeuge schon innerhalb weniger Tage erfolgen, und zwar ohne Verabschiedung einer neuen UN-Resolution. Nach dem Golfkrieg war wegen der irakischen Übergriffe auf die kurdische Bevölkerung im Norden des Landes die UN-Resolution 688 angenommen worden, die Bagdad auffordert, die Unterdrückung der Zivilbevölkerung zu beenden. Die Errichtung einer Sperrzone für irakische Flugzeuge im Südirak wäre demnach durch die Resolution gedeckt.
Unterdessen erklärte Pentagon- Sprecher Pete Williams, daß es seit dem Zwischenfall am 23. Juni keine weiteren Angriffe der irakischen Truppen auf die schiitische Bevölkerung im Südirak gegeben habe. Dennoch sei die US-Regierung besorgt über die „wiederholten Scharmützel“, denen die Schiiten ausgeliefert seien.
Williams zeigte sich zuversichtlich, daß die laufenden Verhandlungen innerhalb der UNO über erneute Maßnahmen gegen Bagdad „erfolgreich“ sein werden. Dem Sprecher zufolge gab es bereits seit Monaten irakische militärische Operationen zur Eindämmung des schiitischen Widerstandes im Süden, die jedoch nicht, wie in jüngster Zeit, gegen die gesamte Bevölkerung gerichtet gewesen seien. Täglich würden etwa 30 Flüge der irakischen Luftwaffe in dem Gebiet gesichtet, das seien 15 bis 20 Prozent der Gesamtflugbewegungen im Irak.
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