: DIE KLEINE MEDIENPRAXIS — FRAU DR. MONIKA ÜBER FERNSEHEN IM KINO
Manchmal ist ein Fernsehabend doch etwas richtig Schönes. Nicht nur wegen irgendwelcher Polit-Magazine oder weil die „Lindenstraße“ und „Der 7. Sinn“ so unwiderstehlich spannend sind. Solche hausgemachten TV-Produkte nimmt man freudig in Kauf, wenn beispielsweise die zehnte Wiederholung des „Tigers von Eschnapur“ oder Billy Wilders „Manche mögens heiß“ im Programm angekündigt werden. Dann mämlich wird das Wohnzimmer für zwei Stunden zum privaten Kinosaal, wo man ungestört vom Popcorn essenden Sitznachbar in entspannter Liegehaltung die liebgewonnenen Leinwandklassiker noch einmal so richtig genießen kann.
Dogmatische Cineasten schmähen das Flimmermedium zwar gerade wegen seiner Angewohnheit, filmische Meisterwerke in das unzulängliche 52-mm-Bildschirmformat zu zwängen. Aber die eingeschworene Fernsehgemeinde schreckt das nicht. Und der neuste Kinotrend gibt ihnen recht. Während die Filmregisseure hierzulande nämlich verzweifelt nach brauchbaren Kinostoffen suchen, hat das US-Kino das Fernsehen entdeckt. Beliebte TV-Serien werden in großer Starbesetzung neu verfilmt. Jüngstes Beispiel: Die „Addams Family“ oder „Waynes World“, beides Adaptionen aus der Fernsehklamottenkiste. Die Hollywood-Produzenten haben sich bei der Themensuche einfach davon inspirieren lassen, mit welchen TV- Stars sie ihre Jugend verbracht haben. Auf ihren Planungslisten findet sich darum jetzt einiges, das auch uns US-infiltrierten Fernsehglotzern höchst vertraut ist. Warner Brothers plant zum Beispiel eine Neuverfilmung von „Richard Kimble: Auf der Flucht“ mit Alec Baldwin in der Hauptrolle. Universal Pictures wiederum hat sich die Rechte für „Flipper“ und „Familie Feuerstein“ gesichert.
Gesetzt den Fall, die deutschen Filmemacher folgen dem US-Vorbild, brächen für die passionierte Fernsehfangemeinde rosige Zeiten an. Was gibt es da nicht alles für wunderbar nostalgische TV-Schätze zu heben und für die große Kinoleinwand wieder flott zu machen: Lou van Bourgs „Goldener Schuß“, Erik Odes „Kommissar“ oder vielleicht „Die Hesselbachs“. Mein persönlicher Premierenvorschlag wäre allerdings Robert Lemkes „Was bin ich?“, eine der ältesten und langlebigsten TV-Shows überhaupt.
Für die Hauptrolle sollte man Armin Müller-Stahl verpflichten, der internationalen Verwertungschancen wegen. Für Ratefuchs Guido Baumann käme Bruno Ganz in Frage. Den Fliegenträger Hans Sachs spielt Manfgred Krug und die ewig lächende Marianne würde durch Gudrun Landgrebes Erscheinung wieder auferstehen. Regie führt Robert von Ackeren, der statt Lemkes Foxterrier einen strapstragenden Bullterrier im Hundekörbchen plaziert. Die dramatische Handlung würde im Auftritt des Ehrengastes, Bundesinnenminister Rudolf Seiters (gespielt von Mario Adorf), kulminieren, dem keine typische Handbewegung zu seinem Beruf einfällt.
Dann endlich säßen wir nicht nur daheim in der ersten Reihe, sondern könnten bei der Kinopremiere mühelos den Einstiegsdialog im Chor anstimmen: „Welches Schweinderl hättens denn gern?“ — Schöne Aussicht, oder?
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