Odyssee von Hamburg über die Türkei nach Sachsen

■ Frachter mit deutschen Schwermetallstäuben vor der französischen Küste von Kriegsschiffen bewacht

Hamburg (taz) — Die Begleiteskorte war imposant: Zwei französische Kriegsschiffe und zwei Zollboote „begleiteten“ am Wochenende den estnischen Frachter „Heltermaa“ vor der bretonischen Küste. Die Franzosen, offensichtlich von der spanischen Regierung über die Ankunft des Frachters informiert, wollten verhindern, daß die Heltermaa auf ihrem Terrain eine brisante Fracht löscht: 3.600 Tonnen Filterstäube aus den Hamburger Stahlwerken, stark angereichert mit Cadmium, Zink, Arsen, Blei und anderen hochgiftigen Schwermetallen. „Wenn es sich um Industriemüll handelt“, teile Charles Josselin, Staatssekretär für Meeresfragen mit, „wird dem Schiff jede Einfahrt in einen unserer Häfen verweigert“.

Die aber war offensichtlich nie geplant. Im Frühjahr verließ die Heltermaa den Hamburger Hafen, um die Industriestäube in der Türkei löschen zu lassen, wo sie in einer Stahlhütte aufgearbeitet werden sollten, zu weit günstigeren Preisen als in der Bundesrepublik möglich. Die Hütte aber trat nach Informationen des Geschäftsführers der Hamburger Stahlwerke, Gerd Weiland, von dem Verwertungsvertrag kurzfristig zurück, die türkischen Behörden verweigerten daraufhin im August dem Schiff die Zufahrt zu den Häfen des Landes. Seitdem befindet sich der Frachter auf dem Rückweg nach Deutschland.

Genehmigt hat den Transport der 3.600 Tonnen schwermetallbelasteter Filterstäube laut Greenpeace, trotz „heftiger Bedenken“ aus Bonn, die Hamburger Umweltbehörde. Die aber bestreitet die Anschuldigungen vehement. Behörden-Sprecher Kai Fabig: „Da es sich hier eindeutig nicht um den Export von Müll handelt, müssen wir auch nichts genehmigen.“ Eine rechtliche Grundlage, den Transport der Stäube zu verbieten, gebe es auch nach Auskunft des Bundesumweltministeriums nicht. Auch Stahlwerks-Chef Weiland bestätigt die Ausführungen der Umweltbehörde: „Bei den Stäuben aus unserer Produktion handelt es sich um Wertstoffe, keinesfalls um gefährlichen Sondermüll.“

Am Dienstag soll die Odyssee des schwermetallhaltigen Staubes zu Ende gehen, das Schiff im Hamburger Hafen entladen werden. Die giftige Ladung soll anschließend ins sächsische Freital gebracht und dort von der dortigen Dependance der „Metallgesellschaft“ aufgearbeitet werden. Marco Carini