: Spröder Charme mit Längen
■ El Descueve, Tanzcompagnie aus Buenos Aires, beim Sommertheater
, Tanzcompagnie aus Buenos Aires, beim Sommertheater
El Descueve will keine Geschichten erzählen. Vielmehr versucht die junge Tanzgruppe aus Argentinien mit Bewegungen und Berührungen Stimmungen zu erzeugen, deren eindeutige Bestimmtheit nicht
1zwingend sein soll. So werden aus der gemeinsamen Improvisation Themen zu Gefühlen entwickelt, die dann unter Leitung eines jeweils neu zu bestimmenden Mitglieds der Gruppe in eine Choreo-
1graphie umgearbeitet werden.
Diese Arbeitsweise ohne professionellen Choreographen läßt natürlich einerseits der Phantasie der Tänzer einen großen Spielraum, was sich in vielen kleinen Szenen und Momenten als sehr positiv erweist. Andererseits vermißte man bei den beiden Choreographien La Fortuna und Criatura die Dramaturgie. Ohne Spannungsbogen und wirklich fesselnde Momente entwickeln sich die Szenen zu schönen Spielen um Liebe, Eifersucht und Einsamkeit.
So werden in der ersten Szene zwei halbnackte Tänzerinnen geknetet und als fleischliche Maschinen behandelt, doch bis zum Ende der ersten halbstündigen Arbeit verlieren sich die möglichen Bezüge in viele einzelne Geschehnisse über Blindheit oder Mädchenzank und in lange Lauf-Passagen. Schließlich endet die Sequenz in einem innigen Kuß zwischen Mann und Frau. Der Titel „das Schicksal“ gibt der Choreographie zwar eine thematische Klammer, löst aber nicht das Problem der wenig ersichtlichen inneren Verbindung.
Auch im zweiten Teil spielt Nacktheit eine zentrale Rolle. Eine Tänzerin wird durch die Wegnahme ihres Nachthemdes isoliert. Halb staunend, halb resigniert nimmt sie ihre neue Rolle an, während der Rest der Compagnie Annäherung und Ablehnung zelebriert. Auch hier dasselbe Problem: Viele in sich schöne Momente ergeben kein vollkommenes Bild. Der spröde Charme der einzelnen Bilder zeigte aber viele hoffnungsvolle Ansätze. Till Briegleb
Noch heute, 20 Uhr, K4
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