Standbild: Aufstand wochenweise
■ "Nova", 3sat, Mittwoch, 20Uhr
Es reicht!“ Wann tritt dieser Zeitpunkt ein und für wie lange? Wie wird gehandelt, und wer bricht dann tatsächlich aus der eintönigen Alltäglichkeit seines Lebens aus?
Im Mittelpunkt des Frauenmagazins „Nova“ standen diese Fragen. Doch vorsichtshalber wurde mit der harmlosesten Variante des Ausbruchs, den Tagträumen der „kleinen Leute“ angefangen. Prompt sehnt sich die Busfahrerin nach dem Gefühl des Fliegens, der Justizbeamte phantasiert vom Leben als Don Juan, und dem Mann von der Straßenreinigung fällt gleich gar nichts dazu ein. Amüsante Plaudereien. Ausbruchsversuche?
„On location“ im Frankfurter Frauenknast wird verwundert festgestellt, daß „...keine hier raus will“. Wer die Flucht plant, tut dies, weil draußen ein Familienmitglied im Sterben liegt, nie jedoch, um der abzusitzenden Strafe wenigstens auf Zeit zu entkommen. Liegt es am fehlenden „Sportsgeist“ der weiblichen Strafgefangenen, oder ist es die Angst vor der Undurchdringlichkeit der Mauern draußen? Fragen bleiben offen.
„Nova“ träumt derweil ein wenig von der ganz starken Frau. Flora Tristan heißt sie diesmal. 1803 in Paris geboren, trennt sie sich vom ungeliebten Mann, kämpft um die Rechte der Frau und stirbt 1844. Ein Filmessay von acht Minuten montiert beeindruckende Zitate mit der Kamerafahrt am Kai. Wellen brechen sich am befestigten Ufer. Eine heißgeliebte Metapher, derer es hier nicht unbedingt bedurft hätte.
Gelungener und der Sache dienlicher sind folgende Berichte zweier Frauen, die den Absprung aus der Ehe gewagt und glücklich überstanden haben. Da fällt sogar ein Wort wie Leidensdruck, ist aber auch von Anerkennung und Neubeginn die Rede. „Liebe ist ja auch Irrtum“, heißt es ganz nebenbei und: „...nur weil er ein armer Mensch ist, kann ich nicht mein ganzes Leben lang in Knechtschaft bei ihm leben“, lautet das schlichte Fazit von Jahrzehnten.
Als müßte man diese Prise Traurigkeit schnellstens entschuldigen, dürfen wir noch über Ibiza-gebräunte Damen lächeln, die den Aufstand wochenweise genießen.
Der Griff ins Archiv serviert zum Nachtisch eine oberflächliche Chronik der Respektlosigkeit mit der Botschaft, daß politische Tabubrüche von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Immer unterhaltend wurde sich einmal mehr für den konventionellen Bilderbogen entschieden. Martina Stork
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