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Der Himmel hängt nicht voller Flugzeuge

Schlechte Stimmung unter den Rüstungsproduzenten auf der britischen Luftfahrtschau in Farnborough  ■ Aus London Ralf Sotscheck

Ganz im Zeichen des ökonomischen Sturzfluges steht derzeit die Luftfahrtschau im britischen Farnborough. Ob bei Kampfbombern, Abfangjägern oder Aufklärungsflugzeugen — die Produzenten der High- Tech-Mordwerkzeuge fühlen sich von sinkenden Absatzchancen hart getroffen. Entsprechend gedrückt war die Stimmung, als die Flugmesse gestern eröffnet wurde.

Weltweit machen der Rüstungsindustrie massive strukturelle Veränderungen zu schaffen. Aufgrund der Haushaltskürzungen der Nato-Länder im Rüstungsbereich werden die Exportmärkte immer härter umkämpft. Darüber hinaus können die Flugzeugproduzenten den Rückgang auf dem militärischen Sektor nicht durch Aufträge der zivilen Luftfahrt ausgleichen.

Reagiert hat die Industrie auf die Überkapazitäten mit Massenentlassungen und engerer Kooperation. Allein British Aerospace (BAe) baute in den vergangenen vier Jahren 26.000 Arbeitsplätze ab. Experten gehen unterdessen davon aus, daß sich auf dem Weltmarkt zukünftig nur noch drei Großunternehmen halten können. Zwei davon haben sich bereits herauskristallisiert: die kanadische Rüstungsfirma Bombardier, die in diesem Jahr de Havilland, Canadair und Shorts aufgekauft hat, sowie die Daimler-Tochter Deutsche Aerospace (DASA). Die hatte im Juli einen Mehrheitsanteil an der niederländischen Firma Fokker übernommen und wird nun vermutlich der französischen Aerospatiale und der italienischen Alenia Anteile an dem neuen Unternehmen anbieten, unter dessen Kontrolle Fokker gestellt werden soll.

Für British Aerospace dagegen ist der DASA-Zug wohl abgefahren. BAe sucht derzeit verzweifelt nach Partnern, um sich die Entwicklungskosten für eine zweimotorige Version des Minijets 146 zu teilen. Die Briten haben bereits mit japanischen Firmen sowie mit Taiwan Aerospace verhandelt, bisher jedoch ohne Ergebnis. Lediglich beim Airbus, an dem BAe mit 20 Prozent beteiligt ist, sieht es etwas besser aus. Die DASA und Aerospatiale besitzen jeweils 38 Prozent am Airbus, die spanische Casa die restlichen vier Prozent.

Nachdem Gulf Air in der vergangenen Woche sechs Langstrecken- Flugzeuge bestellt hat, liegt die Zahl der festen Aufträge für den A330 und A340, der gestern in Farnborough vorgestellt wurde, inzwischen bei 258. Airbus-Chef Jean Pierson rechnet bis zum Jahr 2010 mit einem weltweiten Bedarf von 12.000 neuen Flugzeugen, im Schnitt also 500 bis 600 Maschinen pro Jahr.

Wyn Ellis, Wirtschaftsanalyst bei der Londoner Firma Warburg, warnt jedoch vor allzu großem Optimismus: „Die Aufträge für den Airbus sehen zwar gut aus, doch wenn man sich die Kunden genauer ansieht, stellt man fest, daß eine ganze Reihe wackliger Kandidaten darunter sind.“ Hinzu kommt, daß drei Maschinen des Airbus A320 abgestürzt sind und infolge dessen Kritik am technischen Konzept des angeblichen „Wunderflugzeuges“ laut geworden ist. Dennoch gelang es den Airbus-Managern im vergangenen Monat, United Airlines von Boeing abzuwerben: Die US-Fluggesellschaft bestellte 50 Airbusse der A320-Reihe mit einer Option auf 50 weitere. Der Wert des Deals liegt bei knapp drei Milliarden Mark. Doch trotz dieses Airbus-Coups braucht British Aerospace Erfolge im Rüstungsbereich, um zu überleben.

John Weston, Geschäftsführer des reorganisierten Rüstungsbereichs bei BAe, setzt auch nach dem deutschen Ausstieg im Juni alle Hoffnungen auf den Jäger 90. Ein noch nicht flugfähiger Prototyp ist in Farnborough zu sehen. Weston glaubt, daß dieses Kampfflugzeug, das um ein Fünftel billiger als der Tornado ist, bis zu acht Prozent der Marktanteile erobern könnte. In Großbritannien hängen davon 40.000 Jobs ab. Dennoch muß BAe wahrscheinlich noch dieses Jahr das Werk in Hatfield mit 7.000 Beschäftigten schließen.

Bei den Motorenherstellern sieht es ähnlich aus. Die großen Drei — die britische Rolls-Royce sowie General Electric und Pratt & Whitney aus den USA — haben allesamt Massenentlassungen vorgenommen. Rolls- Royce wird noch in diesem Jahr weitere 3.000 Jobs streichen, nachdem das Unternehmen bereits 6.000 Leute gekündigt hat. Um das Risiko zu verteilen, haben die drei Unternehmen Partnerschaften mit kleineren Firmen geschlossen.

Kein Wunder, daß die Zahl der Aussteller in Farnborough in diesem Jahr stark zurückgegangen ist. Bei der letzten Schau vor zwei Jahren gab es mit 800 Unternehmen noch eine Rekordbeteiligung. Doch damals kam der Rüstungsindustrie die Golfkrise zu Hilfe. Die Zahl von 670 Ausstellern aus 30 Ländern hätte noch niedriger gelegen, wäre Rußland diesmal nicht so stark vertreten: Von den 100 auf der einwöchigen Messe gezeigten Flugzeugen kommen allein 20 aus russischer Produktion.

Erfolg versprechen sich die Russen vor allem mit dem Kampfflugzeug Sukhoi SU-24 M Fencer, mit der weiterentwickelten Version der MiG-29 Fulcrum, den Senkrechtstartern Yak-38 und Yak-141, aber auch mit dem neuen, erstmals mit Rolls-Royce-Maschinen ausgerüsteten Passagierflugzeug Tupolew Tu-204. Den Russen ist durchaus bewußt, daß der Luft- und Raumfahrtsektor einer der wenigen Bereiche ist, in denen ihre Wirtschaft eine Chance auf dem Weltmarkt hat. Um ihren Auftritt in Farnborough noch spektakulärer zu gestalten, wurden auf der Moskauer Luftfahrtschau im vergangenen Monat sogar einige Prototypen zurückgehalten.

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