„Waffenfreie“ Zone im Nahen Osten

In Moskau verhandeln 21 Staaten über Abrüstung/ Atomwaffen stehen nicht auf der Tagesordnung  ■ Aus Kairo Karim El Gawhary

Es ist mal wieder so weit. Am heutigen Dienstag beginnt eine neue Runde der multilateralen Nahostverhandlungen. In Moskau werden sich 21 Staaten zu einer neuen Runde der Gespräche über Sicherheit und Abrüstung im Nahen Osten für vier Tage zusammensetzen.

Doch bereits im Vorfeld der Gespräche machte sich Pessimismus breit. Von einer „geringen Wahrscheinlichkeit, den Rüstungswettlauf im Nahen Osten zu kontrollieren“, spricht eine vor wenigen Tagen herausgegebene Studie des halboffiziellen US-„Friedensinstitus“.

Für den ägyptischen Politologen und Journalisten Sid Ahmad, der sich in einer Reihe von Artikeln mit dem Problem befaßt, hängt ein Fortschritt bei diesen Verhandlungen in erster Linie von Israel ab. „Es gibt in der neuen Rabin-Dynamik eine Diskrepanz zwischen dem Geist der bilateralen Gespräche und den multilateralen Gesprächen über Abrüstung“, sagt Sid Ahmad. Bei den ersteren verhandelt man bereits über eine palästinensische Selbstverwaltung oder einen israelischen Rückzug aus dem Golan. Dagegen herrscht in der Frage der Abrüstung großes Schweigen.

Haupthindernis für die arabische Seite, so Sid Ahmad, ist das geheime israelische Nuklearprogramm. Sogar das Israel-freundlichste arabische Land, Ägypten, kann es nicht akzeptieren, keine Atomwaffen zu besitzen, während sein israelischer Nachbar jederzeit die nukleare Trumpfkarte ausspielen kann. Auf einer Sitzung der Arabischen Liga in Kairo vor zwei Tagen forderte der ägyptische Außenminister Amru Musa erneut seine Kollegen auf, den ägyptischen Vorschlag einer „Zone frei von Massenvernichtungswaffen“ im Nahen Osten zu unterstützen. Ein derartiger Schritt würde auch die Verschrottung der israelischen Atomwaffen bedeuten. Ein Thema, das Israel und die USA im Moment lieber nicht verhandelt sehen wollen. „Wenn dieses Problem nicht gelöst wird, dann wird es zu einem nuklearen Rüstungswettlauf im Nahen Osten kommen“, warnt Sid Ahmad. Es seien gerade die Staaten der Region Nahost, die jetzt besonders an einem illegalen Aufkauf des ehemaligen sowjetischen Nuklearpotentials interessiert seien. Gerade seit dem Golfkrieg, so Sid Ahmad, müßte Israel klar sein, daß eine Ausbreitung von 100 Kilometern in die eine oder andere Richtung nicht automatisch mehr Sicherheit bedeutet. Saddam Hussein hatte bewiesen, daß Israel verwundbar ist.

Obwohl dieser nukleare Faktor kaum mehr zu ignorieren ist, glaubt Sid Ahmad nicht an substantielle Ergebnisse bei den Abrüstungsverhandlungen in Moskau. Bevor es keine greifbaren Ergebnisse bei den Verhandlungen zwischen Israel, den arabischen Staaten und den Palästinensern gibt, stehen Israels nukleare Waffen nicht zur Disposition.

Das Ergebnis der jetzigen Gespräche wird wahrscheinlich dem der letzten Runde im Mai ähneln. Damals wurden „vertrauensbildende Maßnahmen“ aus der Zeit des Kalten Krieges erläutert. Die damaligen Schirmherren der Verhandlungen, die USA und Rußland, gehören zu den größten Waffenexporteuren in die Region Nahost.

Syrien besteht auf „Vollrückzug“

Vor der Wiederaufnahme der Nahost-Friedenskonferenz am Montag in Washington beharrt Syrien weiter auf einem vollständigen Rückzug Israels von den Golanhöhen. Das Land werde sich für die Anwendung der UN-Resolutionen 242 und 338 einsetzen, bekräftigte der syrische Außenminister Faruk El Schareh nach einer Arbeitssitzung der Arabischen Liga in Kairo. Die Resolution 242 fordert den israelischen Rückzug aus den 1967 besetzten arabischen Gebieten.

Der israelische Regierungschef Jitzhak Rabin hatte während der zehntägigen Verhandlungspause erstmals angedeutet, daß sein Land zu einem Teilrückzug von den 1981 annektierten Golanhöhen bereit sei.