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Baulöwe Ernst kauft SED-Akademie

■ Heidelberger Baufirma erwarb Akademie der Gesellschaftswissenschaften, die die Bundesregierung als Ministerialstandort hätte nutzen können

Berlin. Die frühere Akademie der Gesellschaftswissenschaften an der Taubenstraße 19-23, früher Johannes-Dieckmann-Straße, wurde von der Treuhandanstalt an die Heidelberger Baufirma Roland Ernst verkauft. Dies bestätigte Ernst auf Anfrage der taz. Damit wird der gesamte Block zwischen Taubenstraße, Hausvogteiplatz, Gendarmenmarkt und Mohrenstraße an die Firma Ernst gehen. Die Akademie der Gesellschaftswissenschaften selbst, eine SED-nahe Institution, war mit der Wende aufgelöst worden. Das Gebäude war von der SED- Grundstücksverwaltung Fundament schon vor über einem Jahr an die Münchner Treu-Areal für Baubetreuung und Verwaltung GmbH vermietet worden, so Ernst. Die Treu- Areal wird bei diesem Projekt mit der Firma Ernst zusammenarbeiten. Das Gebäude fiel unter das Sondervermögen der DDR-Blockparteien und demnach in die Verfügung der Treuhand.

Die Akademie mit ihrer Bruttogeschoßfläche von 20.000 Quadratmetern, ihren 400 Büroräumen und ihrer »gut erhaltenen Bausubstanz« — so ein Gutachten der Bundesbaudirektion — galt zwischenzeitlich als Standort für ein Ministerium oder andere Bundesnutzungen, zumal die U-Bahn-Station Hausvogteiplatz in unmittelbarer Nähe liegt. Diese Pläne wurden aber aufgegeben, weil sich der Bund in dieser Gegend der Friedrichstadt nicht niederlassen wolle, so der Sprecher der dafür zuständigen Oberfinanzdirektion, Helmut John. Die Gegend sollte privaten Investoren vorbehalten bleiben. Hintergrund des mangelnden Interesses des Bundes soll allerdings sein, daß die Ministerialbeamten lieber in Neubauten als in Berliner Altbauten ziehen wollen.

Die Firma Ernst wird das Haus für eine Büronutzung sanieren und einige Restflächen auf dem Block neu bebauen. Man wolle einige nicht erhaltenswerte Altbauten sowie ein paar angefangene, aber nicht zu Ende gebaute Neubauten abreißen und habe dann 30.000 Quadratmeter zur Verfügung, sagte Ernst. Über die Abrisse sei man sich aber mit der Senatsbauverwaltung noch nicht einig. Zum Preis wollte sich Ernst nicht äußern, er sei jedoch der »Lage angemessen«.

Roland Ernst wurde in Berlin bekannt durch den umstrittenen Kauf des Reglerwerkes Teltow für eine Mark von der Treuhand. Ernst wird außerdem einen Teil der Friedrichstadtpassagen hochziehen und engagiert sich für ein Bürohochhaus am Alexanderplatz. In Frankfurt am Main will Ernst das Hochhaus »Campanile« bauen, in Bonn errichtete die Firma das Bundespresseamt.

Die Akademie der Gesellschaftswissenschaften ist nicht der einzige Altbau in Bundesverfügung, den die Treuhand verkauft hat. Das ehemalige Ministerium für Verkehrswesen in der Französischen Straße 53-56 mit einer Bruttogeschoßfläche von 5.100 Quadratmetern hat die Anstalt kürzlich an das Land Bayern verkauft — dies eher zum Ärger des Bundes, der das Haus eigentlich selber nutzen wollte. Aber Bayern, so John, habe dem Bund das Haus »vor der Nase weggeschnappt«. Dort soll nun die bayerische Landesvertretung einziehen. Eva Schweitzer

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