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SPIELSUCHT ERSETZT NICHT NUR SEXUELLE BEFRIEDIGUNG

Die 30-Pfennig-Karrieren

Saarbrücken (dpa/taz) — Spielsucht, so wußte schon der olle Kokser Siggi Freud, ersetzt manchmal nichts anderes als sexuelle Selbstbefriedigung. Doch längst nicht alle 4,6 Millionen aktiven Spieler in der Bundesrepublik Deutschland, die öfter an Geldspielautomaten und am Roulettetisch ihr Glück versuchen, sind spielsüchtig.

Als krankhaft gelten aber zumindest jene Spieler in Deutschland, die wöchentlich mehr als fünf Stunden an „Einarmigen Banditen“, in Casinos oder auf Pferderennbahnen verbringen. Ihre Zahl wird auf bis zu 70.000 geschätzt. Bei ihnen, so hat jetzt eine Untersuchung an der Universität des Saarlandes ergeben, ist Spielen „Symptom unterschiedlicher Grundstörungen“.

„Spielen ist die Ursucht, und krankhaftes Spielen wird zusammen mit der Kleptomanie und der Pyromanie zu den Störungen der Impulskontrolle gezählt“, schreibt der saarländische Arzt Dieter Caspari in der jüngsten Ausgabe des Forschungsmagazins der Saar-Universität. Er berichtet über eine Untersuchung an 51 exzessiven Spielern, die über einen Zeitraum von zehn Jahren an der Universitäts-Nervenklinik in Homburg/Saar begutachtet und behandelt wurden.

Die Spieler waren im Durchschnitt 34 Jahre alt und mindestens fünf Jahre lang spielsüchtig. Zwei Drittel von ihnen waren zur Finanzierung ihrer Sucht straffällig geworden, bis hin zum Raubüberfall. Diese Spieler ließen sich in drei große Gruppen einteilen: Die einen hatten schwere psychiatrische Erkrankungen, die anderen klagten über massive Störungen in der Partnerbeziehung sowie im Sexualleben. Der Rest wies andere Persönlichkeitsstörungen auf.

„War das krankhafte Glücksspiel bis vor zehn Jahren noch sehr selten, so gibt es in den Hamburger Suchtkliniken mittlerweile mehr süchtige Glücksspieler als Medikamentenabhängige“, berichtete kürzlich auch die in Wiesbaden erscheinende Ärztezeitung Medical Tribune: „Betroffen sind vor allem Männer zwischen 18 und 35 Jahren. Fast 90 Prozent haben ihre Karriere an den 30-Pfennig- Automaten gestartet.“

Behandelt werden krankhafte Spieler außer in Selbsthilfegruppen auch in ambulanten und stationären Beratungs- und Behandlungsstellen für Suchtkranke. Hier haben die Glücksspieler nach dem Ergebnis der saarländischen Untersuchung einen Anteil von 3,1 Prozent unter allen Suchtpatienten. Therapieziel ist in jedem Fall die vollständige Abstinenz und Loslösung vom Glücksspiel. Immerhin, so schreibt Caspari, nähern sich die Behandlungsergebnisse von Spielsüchtigen mittlerweile dem der Alkoholiker an. Fazit des saarländischen Mediziners: „Weitere Forschungsanstrengungen zur Untersuchung des Phänomens 'krankhaftes Spielen‘ sind unerläßlich.“

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