: Stolpe fühlt sich mit „Gestapo-Methoden“ verfolgt
■ Brandenburgs Ministerpräsident weist Vorwürfe wegen einer versuchten Abschiebung Eppelmanns zurück und spricht von einer Pressekampagne nach „alten Gestapo-Regeln“/ Der SPD-Chef Björn Engholm stellt sich hinter den Parteifreund
Berlin (taz) — Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) hat die Vorwürfe wegen einer geplanten Abschiebung des regimekritischen Pfarrers Rainer Eppelmann aus der DDR entschieden zurückgewiesen. Im Gegenzug zu den Berichten vom Wochenende fuhr er schweres Geschütz auf. Dem Berliner Boulevardblatt BZ erklärte er: „Hier wird nach alten Gestapo-Regeln gearbeitet, um Leute kaputtzumachen. Sie sind im Handbuch der Gestapo nachzulesen. Diese Lektüre empfehle ich übrigens dem Spiegel.“
Als Verleumdung bezeichnete Stolpe auch, daß die Stasi Inoffizielle Mitarbeiterinnen zu Sex-Partys mit hohen DDR-Kirchenfunktionären eingesetzt hat: „Jetzt werden die Schlammkanonen neu geladen mit Munition aus der Lügenküche — nach der Melodie: Wenn man schon sonst nichts findet, erfindet man eben.“ Als „außerordentlich erstaunlich“ nannte der SPD-Politiker auch, daß Pfarrer Eppelmann „offenbar gänzlich entfallen ist, was sich zwischen 1982 und 85 um ihn abspielte. Zwangsweise Ausbürgerung oder Haft, so stand für ihn die Frage.“ Stolpe weiter: „Ich habe doch Eppelmann den ganzen Dreck vom Halse gehalten.“
Im Gegensatz dazu zitierte gestern die FAZ einen Bericht, der dem Potsdamer Untersuchungsausschuß vorliegt. Daraus geht hervor, daß der IM „Sekretär“ (Stolpe) im Januar 1984 seinen Stasi-Führungsoffizieren nur wenige Stunden nach einem Treffen der Kirchenleitung in der konspirativen Wohnung „Hagen“ berichtete: „Darüber, daß Eppelmann ,weg‘ müsse, seien sich alle in der Kirchenleitung einig. Deshalb habe man ja schon versucht, Eppelmann in einer anderen Landeskirche unterzubringen.“
Stolpe wies auch die Rücktrittsforderungen, die am Wochenende die evangelische Bischöfin Maria Jepsen und der katholische Bischof Johannes Dyba erhoben hatten, zurück. Er habe sein Mandat nicht von Bischöfen und auch nicht von Eppelmann erhalten. Er stehe einzig in der Pflicht der Brandenburger.
Der SPD-Vorsitzende Björn Engholm hat sich unterdessen vor den Parteifreund gestellt. Vor Beginn der Präsidiumssitzung sagte er: „Wir sind alle nicht berufen, den Staatsanwalt zu spielen.“ Stolpe nahm an der Sitzung teil. Er sollte am Abend vor der Bundestagsfraktion zu den Vorwürfen Stellung beziehen.
Eine Verleumdungskampagne hat auch die SPD-Fraktion im brandenburger Landtag ausgemacht. In dem Ergänzungsgutachten der Gauck- Behörde sollen Zusammenhänge falsch dargestellt sein, meinte gestern Fraktionschef Wolfgang Birthler. Stolpe solle gegen „deutliche Verleumdungen aggressiver“ vorgehen. Der Fraktionschef forderte auch ein öffentliches Gespräch zwischen Stolpe und Eppelmann. wg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen