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Kinkel will in der UNO hoch hinaus

■ Rede vor der Vollversammlung: Deutschland soll „alle Rechte und Pflichten“ eines UNO-Mitglieds übernehmen/ Ständiger Sicherheitsratssitz und Beteiligung an Militäraktionen/ Unterstützung von China, Japan und Mexiko

New York (dpa/taz) — Als Deutschlands Außenminister Kinkel gestern abend vor die UNO-Vollversammlung in New York trat, wußte es bereits jeder: Deutschland will als ständiges Mitglied in den UNO-Sicherheitsrat, wenn dessen Zusammensetzung verändert wird. Schon vorher hatte der Außenminister seine Absicht erklärt, „das aufzugeben, was nach achtzehn Jahren Genscher verändert werden muß“. Aufgegeben hat Kinkel aber diesmal nichts — außer Zurückhaltung.

So machte er deutlich, daß Deutschland alle Pflichten eines UNO-Mitglieds bis hin zur Beteiligung an friedensschaffenden Militäraktionen unter dem Kommando der Vereinten Nationen übernehmen will. Ausdrücklich unterstützte Kinkel wie am Abend zuvor der im Namen der EG sprechende britische Außenminister Hurd das in dem Memorandum „An Agenda for Peace“ von UNO-Generalsekretär Butros Ghali aufgestellte Ziel, die Vereinten Nationen entsprechend ihrer Charta zum „zentralen Friedenshüter der Weltgemeinschaft“ zu machen. Seine spezifisch deutsche Begründung: Die „gerade für uns Deutsche unheilvolle Vergangenheit“. Und: „Wehret den Anfängen! Dies muß der oberste Grundsatz der Konfliktvorbeugung sein.“

Kinkel fuhr fort: „Wir müssen aber auch die verfassungsmäßigen Voraussetzungen dafür schaffen, daß unsere Streitkräfte, nach Zustimmung des Bundestages, den Vereinten Nationen für friedensbewahrende und friedensschaffende Einsätze zur Verfügung gestellt werden können. Wir wollen als wiedervereinigtes und souveränes Land alle Rechte und Pflichten eines Mitgliedes der Vereinten Nationen übernehmen, damit nicht eine Kluft entsteht zwischen unserem verbalen Engagement für Frieden und Menschenrechte und unserem tatsächlichen Eintreten für sie.“

Ausdrückliche Unterstützung für eine ständige deutsche Sicherheitsratsmitgliedschaft fand Kinkel bei China, Mexiko und Japan. Der japanische Außenminister Michio Watanabe nannte den 50. Geburtstag der UNO im Jahre 1995 als möglichen Zeitpunkt für „wichtige Weichenstellungen“ in diesem Bereich.

Für Verwirrung sorgte Mexikos Außenminister Fernando Solana Morales, der den Anspruch seines Landes zur Mitsprache in dieser Frage anmeldete. Bisher wurden als potentielle Kandidaten für eine Ratserweiterung Japan, Nigeria, Brasilien, Indien und Deutschland gehandelt. In diplomatischen Kreisen wurde angesichts der Haltung Mexikos betont, eine Neuverteilung der Sitze im Sicherheitsrat sei „bei weitem kein Selbstgänger“.

Bereits am Dienstag hatte auch der britische Außenminister Douglas Hurd im Auftrag der EG die Ideen von UNO-Generalsekretär Butros Ghali zur „Präventivdiplomatie“ unterstützt. Sie sei schneller und billiger und helfe den von einem Konflikt bedrohten Menschen mehr als die erfolgreichsten Friedenssicherungsoperationen. Doch bestünde die Gefahr, daß man die UNO mit einer zu starken „Interventions- und Verwaltungsbürde“ belaste. Die EG wolle die Idee einer „präventiven Stationierung“ von Truppen im Falle interner Krisen weiter verfolgen.

Rußlands Außenminister Andrej Kosyrew hatte am Dienstag die Überzeugung seiner Regierung bekräftigt, daß die UNO Gewalt mit Gewalteinsätzen bekämpfen sollte. Die zur Friedenserhaltung eingesetzten „Blauhelme“ der UNO sollten das Feuer erwidern, wenn sie beschossen würden.

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