: Lokalkoloratur: Christiane Maassen/Jörn Möller
LOKALKOLORATUR
Das Künstlerleben ist hart. Und noch härter, wenn die Deutsche Bundesbahn mit von der Partie ist. Diese Erfahrung jedenfalls machten Christiane Maassen und Jörn Möller — zusammen sind sie die Tanztheatergruppe „Plex“ —, als sie zu ihrer jüngsten Tournee aufbrachen. Umweltfreundlich wollten sie per Bahn reisen. Speziell für den Transport im Zug bauten sie für ihre Instrumente eine nicht ganz kleine, aber auch nicht übergroße Kiste. 95 Zentimeter in der Länge, 57 Zentimeter in der Breite und 85 Zentimeter in der Höhe maß der Behälter. Kein ganz gängiges Gepäckstück also. Dennoch kein Grund zur Aufregung, sollte man meinen. Doch die Bundesbahn verweigerte die Mitnahme der Kiste im Gepäckwagen. Denn seit 1. Juli '92 wird dort nur noch „normales“ Reisegepäck bis zu 30 Kilogramm Gewicht befördert. Die „Plex“-Künstler könnten den Kasten ja als Expressgut aufgeben, schlug der DB-Kundenberater in Altona vor. Daß man dann auf seine Fracht ungefähr ein bis zwei Tage warten kann, interessierte den guen Mann nicht. Auch nicht, daß die beiden mit über 100 Mark Frachtkosten ein gutes Fünftel ihrer Abendgage löhnen müßten. Auf die Frage, wieso die Deutsche Bundesbahn denn überhaupt mit dem Slogen „Umsteigen auf die Bahn“ werbe und sich gleichzeitig so kundenunfreundlich zeige, hieß es, nicht die Bahn werbe so, sondern die Politiker. „Für uns und andere kleine Theatergruppen ist es momentan unmöglich mit der Bahn zu touren“, resümiert Jörn Möller fast schon amüsiert ob dieser Bahn-Posse. Letzendlich fuhren die (Per)Plex(en) per Bus zu ihrem ersten Ziel in Brandenburg, was Kisten- Kosten von schlappen 13 Mark und umweltschädigende Abgase verursachte. Daß sie massenweise leere Gepäckwagen auf ihren bisherigen Reisen gesehen haben, wollte Möller dann abschließend nur noch ganz nebenbei erwähnen. gag
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