: Unbekannte Früchte der Filmförderung
■ Filmbüro und Film Fonds der Hansestadt präsentieren die Hamburger Reihe im Rahmen des Filmfestes
und Film Fonds der Hansestadt präsentieren die Hamburger Reihe im Rahmen des Filmfestes
Was kommt eigentlich heraus bei der Hamburger Filmförderung? Was in der Regel viel zu selten in die Kinos gelangt, ist nun beim Hamburger Filmfest in der „Hamburger Reihe“ zu sehen. Seit 1979 hat die Hansestadt zur kulturellen Filmförderung das Hamburger Filmbüro eingerichtet. Seit 1982 gibt es zudem den Film Fonds Hamburg für die wirtschaftliche Filmförderung. Beide Gremien haben zahlreiche Filme unterstützt und zeigen jetzt im Rahmen des 1. Filmfestes Hamburg die „Hamburger Reihe“, eine sehenswerte Auswahl von in Hamburg geförderten Filmen.
Einige waren bereits auf Festivals im In- und Ausland zu sehen. Andere wiederum wurden erst kurz vor dem Hamburger Fest fertiggestellt. Alle feiern jedoch auf dem 1. Hamburger Filmfest ihre Hamburger Premiere. Bis auf eine Ausnahme: Der Animationsfilm Headquarter von Hanna Nordholt und Fritz Steingrobe lief bereits auf dem No Budget Festival, dennoch sollte man sich die Bilderorgie um Datenschutz und virtuelle Welten nicht
1entgehen lassen. Der Held dieses Erfassungs-Streifens benimmt sich so herrlich anarchistisch, daß sein finaler Amoklauf (peng, peng!) tiefsitzenden Politüberdruß befriedigt.
Das Thema Wiedervereinigung bildet durchaus einen Schwerpunkt innerhalb der „Hamburger Reihe“: Um politische Übersättigung geht es in dem Spielfilm des Absolventen
1der Münchner Film-Hochschule Philip Gröning, der beim diesjährigen Filmfest in Locarno den bronzenen Leoparden bekam. Seine Terroristen lachen über die Einheit. Der Dokumentarfilmer Stefan Paul hat in seinem Hotel Deutschland die deutsch-deutsche Problematik zu einem kontrastreichen Film-Puzzle zusammengefügt. Karl-Heinz Wallochs Himmel und Erde ist eine dokumentarische Suche nach Resten des Sozialismus.
Fernab des deutsch-deutschen Einheitsdramas reflektiert der gebürtige Potsdamer Matti Geschonek über die vierte Dimension. In Moebius inszeniert er ohne aufwendige Effekte nervenzermürbenden Thrill, der die Zeit vergessen läßt.
Maria Hemmleb und Christian Bau vom Medienzentrum „Die Thede“ haben die Irrfahrt des Gemäldes „Rendezvous der Freunde“, auf dem Max Ernst 1922 in Paris die Gründer der surrealistischen Bewegung portraitierte, nachgezeichnet. In ihrem Film Rendezvous der Freunde dokumentieren Bau und Hemmleb wie „entartete Kunst“ vor dem Zugriff der Nazis bewahrt werden konnte.
In eine ganz andere Welt führen zwei Tanzfilme: Kontakt-Tryptichon von Lutz Gregor verschmilzt experimentell, rhythmisch und originell die Ausdrucksformen Tanz und Film, während die ehemalige HfbK- Studentin Claudia Willke in Die Eroberung der Leere von der Arbeit der Tanztherapeutin Trudi Schoop erzählt. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch Ulrike Schatz' Passion Recherche, ein Essay über die ungezügelte Forscherleidenschaft der Gen-Techniker, und auch Annegret Peins Meermanns Baumhaus, eine Rückblende in das Kleinbürgerleben der 30er, 40er und 50er Jahre. Es scheint, der Slogan „Filmstadt Hamburg“ ist vielleicht doch etwas mehr als eine Worthülse. Bettina Hennig
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