: Scotland Yard verhaftet Journalisten
■ Hamilton hat Zusammenarbeit von Mordkommandos und Polizei veröffentlicht
Dublin (taz) — Die britische Polizei hat am Dienstag den Fernsehjournalisten Ben Hamilton unter dem Vorwurf des Meineids in London festgenommen. Der 25jährige hatte die Recherche für den Dokumentarfilm „The Committee“ durchgeführt, der im vergangenen Oktober vom unabhängigen Sender Channel4 ausgestrahlt wurde. Darin weisen die Autoren die Zusammenarbeit zwischen loyalistischen Mordkommandos in Nordirland und nordirischer Polizei sowie der britischen Armee nach. Über mehrere Jahre waren geheime Personalakten von Leuten, die der Mitgliedschaft in der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) verdächtig waren, aus den Schränken der „Sicherheitskräfte“ verschwunden und später bei protestantischen paramilitärischen Organisationen wieder aufgetaucht. Diese Akten, die auch Fotos und Adressen enthielten, dienten Mordkommandos zur Zusammenstellung von Todeslisten.
Einer der Paramilitärs, der im Film anonym blieb, hatte gegenüber Hamilton detaillierte Angaben gemacht, wie seine Organisation in den Besitz der Akten gelangt war. Dabei belastete er vor allem die nordirische Polizei, die fast ausschließlich aus Protestanten besteht. Scotland Yard versuchte nach der Sendung, Hamilton und Channel4 per Gerichtsbeschluß zur Enthüllung der Identität ihrer Quelle zu zwingen. Beide blieben bei ihrer Weigerung. Ende Juli verurteilte das Gericht die Fernsehanstalt deshalb wegen „Mißachtung des Gerichts“ zur Zahlung von 75.000 Pfund (knapp 190.000 Mark). Gleichzeitig stellte der Richter fest, daß „weitere Verhandlungen gegen einzelne nicht notwendig“ seien. Das Urteil basiert auf den britischen Sondergesetzen zur Verhinderung von Terrorismus. Erstmalig wurden diese Gesetze gegen einen Journalisten angewendet, um den Namen eines Informanten zu erfahren.
In einer Presseerklärung gab Channel4 gestern bekannt, die Verhaftung Hamiltons widerspreche dem Urteil vom Juli. „Hamiltons Festnahme legt die Vermutung nahe, daß Razzien gegen Journalisten wieder in Mode sind“, heißt es weiter. Hamilton und mehrere seiner Kollegen, die ebenfalls an dem Dokumentarfilm beteiligt waren, mußten nach der Sendung im vergangenen Jahr untertauchen, weil sie von Mitgliedern loyalistischer Organisationen beobachtet wurden und anonyme Drohbriefe erhielten. Darüber hinaus wurde bei Channel4 in den Schneideraum eingebrochen. Hamilton sagte: „Wenn ich die Identität meines Informanten verraten würde, käme das einem Todesurteil für ihn gleich.“ Ralf Sotscheck
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