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Hochgeschwindigkeitsdorf Oberneuland

■ DB: Mit 200 Sachen durchs Dorf / Baubehörde: Bahnhof soll Parkplatz werden

Am alten Bahnhof Oberneuland hält schon lange kein Zug mehr. Mit 160 km/h rasen die Züge auf der Strecke Bremen- Hamburg durch das alte Dorf. Dreimal schneiden die Gleise die Straßen.

Jetzt dreht die Bundesbahn auf. Damit die Züge künftig mit einer Geschwindikeit von bis zu 200 Kilometern zwischen den Hansestädten heizen können, sollen die alten Bahnübergänge geschlossen und der Kreuzverkehr durch aufwendige Tunnelanlagen geschleust werden. „Wegen der Verkehrssicherheit“, sagt Bundesbahn-Sprecher Klaus Kopka. Bislang brettert die Bahn mit Sondergenehmigungen des Bundesverkehrsministers. „Die laufen aber Ende des Jahres aus.“

Es sei denn, der Kreuzverkehr wird mit Tunnel unter den Gleisen durchgeführt. Und genau das hat die Bundesbahn vor, an allen drei Schnittstellen zwischen Gleisen und Straßen. Zusammen mit dem Bremer Bausenator, der die Franz-Schütte Allee verlängern will und auf

Hierhin bitte das Bild von dem schönen Bahnhof

Auf den gemütlichen Bahnhof in Oberneuland kommen rasende Veränderungen zuF: K. H.

dem Gelände des jetzigen Bahnhofes einen Park&Ride-Parkplatz einrichtet, drohe deshalb das alte Dorf Oberneuland

„ohne Not unwiderruflich zerstört“ zu werden, erklärte jetzt das grüne Beiratsmitglied Frank Bauer. Die Folge: 1.800 Meter „Betontröge für den Autoverkehr“, dazu noch einmal 440 Meter Fußgängerunterführungen sowie der Tod eines kleinen Buchenwäldchens, das dort steht, wo die Baubehörde den P&R- Parkplatz anbinden will. Außerdem soll das Bahnhofsgebäude plattgemacht werden, ein „bremisches Baudenkmal“, wie die Grünen finden.

Bis gestern lagen die Pläne im

Ortsmat Oberneuland aus, bis zum 21. Oktober können die Anwohner des betroffenen Gebeites ihre Einwendungen vorbringen. Dann erst wird sich der Beirat mit der Maßnahme beschäftigen, nicht das erste mal.

Denn bereits vor zwei Jahren ist das Kommunalparlament mit diesen Plänen vertraut gemacht worden. „Wir haben die damals mit unseren Änderungswünschen an Bahn und Behörden zurückgegeben“, erinnert sich Beiratssprecherin Micheline Landmann (CDU).

Kleinigkeiten waren es, die der Beirat angesichts der bislang noch ungenannten Millioneninvestitionen gefordert hatte: Die Umleitung des starken Tunnelgefälles in eine Schleife, damit die Fußgänger unter der Unterführung Mühlenfeldstraße auch sicher sind. Dann noch Lärmschutzmaßnahmen, weil höhere Geschwindigkeiten erfahrungsgemäß mehr Lärm nach sich ziehen. Die größte Angst des Beirates: Wenn die Franz-Schütte-Allee verlängert wird und die Lilienthaler Heerstraße mit dem Bau der Straßenbahnlinie 4 zurückgebaut wird, stauen sich die Autos demnächst im Dorf, weil die Oberneulander Landstraße eine prima Umgehungsstraße darstellt.

Mittlerweile wird beim Senator für Umweltschutz an einem Ausweichkonzept gebastelt. Durch eine leichte „Verschwenkung“ (solle sowohl das Bahnhofsgebäude als möglicherweise auch das Buchenwäldchen erhalten bleiben, erklärte die Sprecherin des Umweltsenators, Barbara Schulte. Verhandelt wird mit dem federführenden Amt für Straßen- und Brückenbau in der nächsten Woche.

Die Grünen haben derweil ihre arithmetischen Grundkenntnisse in den Dienst der Natur gestellt: Die Erhöhung der Geschwindigkeit von 160 auf 200 km/h auf diesem Streckenabschnitt bringt eine Zeitersparnis von drei Minuten. Markus Daschner

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