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Purismus des Wortes

■ Ein Jahrhundertgespräch auf N3

Eine intellektuelle Delikatesse. Zwei Zeugen dieses Jahrhunderts im Gespräch über Musik und Literatur, Theater und Oper, Privates und Politisches: Hans Mayer und Rolf Liebermann. Der eine, 1907 Geborene, Germanist und Publizist, der andere, 1910 Geborene, Komponist und Opern-Intendant. Beide jüdischer Herkunft, beide zunächst Studenten der Jurisprudenz — Mayer promovierte sogar in dem Fach und darf den Titel eines „Oberlandesgerichtsrates im Ruhestand“ führen — und beide bekannt mit vielen anderen großen Männern dieses Jahrhunderts:

unter anderem mit Brecht, Tucholsky, Benn, Benjamin, Hesse und Thomas Mann, mit dem geldgierigen Strawinsky, der einst den Philosophen Ernst Bloch zum Menuett aufforderte, mit Schönberg, Hindemith, Richard Strauss und — einige Frauen werden tatsächlich auch genannt — mit der „bösartigen und versoffenen“ Alma Mahler. Für Männer dieser Generation spielen Frauen im öffentlichen Diskurs bekanntlich nur eine marginale Rolle.

Schauplatz dieses Diskurses: Das plüschig überladene Wohnzimmer der Liebermannschen Toskana-Datscha. Ein sehr privates Ambiente, doch Mayer und Liebermann vergessen nicht eine Sekunde, daß dies eine Inszenierung ist, und ihre Gespräche einmal in vielen tausend anderen Wohnzimmern zu sehen sein werden. Die beiden, trotz ihres Alters unvermindert eitlen Männer, posieren gern und mit Lust vor der Kamera. Während sie sich abwechselnd die Bälle zuspielen, schlüpft mal der eine in die Rolle des Moderators und mal der andere. Jeder darf auf seinem Gebiet brillieren. Kein Rivalitätskampf, sondern zwei Gockel im brüderlichen Miteinander.

Geplant war ursprünglich eine Sendung von 90 Minuten Länge. Daß daraus eine fünfteilige Dokumentation geworden ist, die Eichel auch realisieren konnte, — an der Koproduktion haben sich die meisten Dritten Programme beteiligt — liegt zum einen an der Redegewandtheit der beiden alten Männer, die ein Stück Kulturgeschichte dieses Jahrhunderts lebendig werden lassen. Zum anderen „an der Beweglichkeit des Hauses“, das ihm die Dokumentation in dem Umfang ermöglicht hat, so Eichel über seinen ehemaligen Haussender, den NDR. Seit September ist er Chef der ZDF-Sendung „Aspekte“.

Der wohltuende Purismus dieser Sendereihe, die ausschließlich auf die Kraft des Wortes setzt, fordert dem Publikum ein hohes Maß an Konzentration ab. Im Vergleich zum intellektuellen Fast food des Hauptprogramms sicher ein schwer verdaulicher Brocken — aber ein Leckerbissen.

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