„Mit Daimler gehen die Gespräche immer voran“

■ Die Herren über Mitsubishi und Daimler zelebrierten ihr viertes Gipfeltreffen in der japanischen Hafenstadt Kobe/ Alles ist möglich, aber noch lange nichts konkret

Kobe/Tokio (taz) — „Glas heben, Gesundheit wünschen, minna-san.“ Der am späten Freitagabend so sein Schuldeutsch anbrachte, war Shinroku Morohashi, ranghöchster Sprecher der Mitsubishi-Konzerngruppe. Seine Gäste in der japanischen Hafenstadt Kobe waren am Wochenende drei Herren aus Stuttgart und München: Edzard Reuter, Vorsitzender des Daimler-Benz Konzerns, Werner Niefer, Chef von Mercedes, und Jürgen Schrempp von der Deutschen Aerospace. Gemeinsam wollten Deutsche und Japaner in Kobe die spektakulärste, aber auch geheimnisvollste deutsche Industrieallianz der Nachkriegszeit ein Stück weiter voranbringen.

Seit knapp drei Jahren verhandelt Mitsubishi, die größte Konzerngruppe der Welt, mit Daimler- Benz, dem größten Industriekonzern Europas. „Natürlich sind wir vorangekommen“, antwortete Takeshi Eguchi, Vize-Chef des Mitsubishi Handelshauses lakonisch. „Mit Daimler gehen die Gespräche immer voran.“ Doch wer will das noch glauben? Das interessanteste Ergebnis nannte Daimler- Vorstand Hartmut Weule im taz- Interview (s. unten): Zwischen beiden Konzernen wird auch eine Chip-Allianz nicht mehr ausgeschlossen.

„Die Einzelheiten der diskutierten Themen werden geheimgehalten und zum geeigneten Zeitpunkt bekanntgegeben“, lautete darüber hinaus der Kernsatz des gemeinsamen Kommuniques. Ansonsten macht die gemeinsame Schrift der Öffentlichkeit Glauben, man hätte sich in Kobe vornehmlich über die Umweltpolitik beider Unternehmen unterhalten. Tatsächlich soll als Ergebnis der Unterredungen ein Umwelt-Koordinationskomitee beider Konzerne ins Leben gerufen werden, für dessen Arbeit sich außer den Beteiligten kaum jemand interessieren wird.

Nun aber ist in Japan üblich: Je lakonischer die Kommniques, desto wichtiger der Gegenstand der Gespräche. In diesem Sinne wollen Daimler und Mitsubishi offenbar ganz nach der japanischen Regel verfahren. So läßt sich allenfalls der Umfang der Verhandlungen ausmachen: Von etwa fünfzehn Daimler-Mitsubishi-Projekten weiß man, daß sie sich im konkreten Realisierungsprozeß befinden, darunter die Herstellung von Mitsubishi-Halbleitern bei der AEG in Deutschland. Rasche Übereinkünfte erwartet man auch für den Einbau von Mitsubishi- Motoren bei der Neuentwicklung des Mercedes „Transporter“ in Bremen. Weitere Projektabsprachen im Getriebbereich gelten als ausgemacht.

Etwa fünfzehn Projekte befinden sich darüber hinaus in der Phase eines „intensiven Informations- und Erfahrungsaustausches“. Hierunter fallen vor allem die von Anbeginn der Gespräche mit hohen Erwartungen versehenen Vorhaben im Bereich der Luftfahrt.

Eine dritte Arbeitsebene sehen Mitsubishi und Daimler in den „vielleicht denkbaren Projekten“. „Denkbar“ in diesem Sinne sind gemeinsame Vertiebsnetze für unbegangene Weltregionen wie etwa Zentralasien. Außerdem beharren sie auf der Idee eines deutsch-japanischen Raumschiffs. So bezeugen beide Unternehmen vor allem, kein Vorhaben dieser Welt für nicht denkbar zu befinden. Doch ist ja nicht undenkbar, daß Reuter und Morohashi ihren Worten Taten folgen lassen. Georg Blume