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Tiefe Skepsis schlägt Meciar entgegen

■ Der slowakische Premier will Sorgen von Bonner Abgeordneten zerstreuen

Bonn (taz) — Der Ruf des böswilligen Spalters war ihm vorausgeeilt. Bestrebungen, eine Föderation von Tschechen und Slowaken aufrechtzuerhalten, seien „nunmehr Nostalgie“, bekräftigte gestern der slowakische Ministerpräsident Vladimir Meciar im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages in Bonn. Die Gültigkeit des deutsch-tschechoslowakischen Vertrages werde von seiner Republik aber „ohne Einwände“ akzeptiert. Gleichzeitig erneuerte Meciar seinen Wunsch nach einem eigenen deutsch-slowakischen Abkommen und nach einer vollen Integration in die EG. Offensichtlich ohne Scheu vor Reminiszenzen an die Zeit des von Hitler 1939 geschaffenen slowakischen Satellitenstaates erklärte Meciar, „unser Land ist immer gut gediehen, wenn es gute Beziehungen zu Deutschland gab“.

Zum Auftakt eines dreitägigen Besuchs in Deutschland blieben Meciar gestern kritische Fragen der Bundestagsabgeordneten nicht erspart. Sein Besuch stoße „auf Interesse, aber auch auf Sorgen“, ließ der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karsten Voigt, den Regierungschef wissen. Zweifellos habe die Slowakei das Recht auf einen eigenen Staat. Aber Voigt fügte auch hinzu, er hätte es „vorgezogen, wenn Sie zusammengeblieben wären“.

Es werde nach einer Teilung des Landes zu „keiner Feindschaft“ zwischen Tschechen und Slowaken kommen, versicherte der Ministerpräsident. Die ungarische Minderheit habe alle Rechte, die die Slowakei nach internationalen Abkommen verpflichtet sei zu gewähren. Meciar sagte, er lehne aber neuere Forderungen der Ungarn ab, so den Wunsch, ihre Sprache in der gesamten Slowakei zur gleichberechtigten Amtssprache zu erheben. Befürchtungen wecke bei ihm auch der „anwachsende Nationalismus“ im ungarischen Nachbarland, der bis zur Forderung nach Grenzrevisionen reiche.

Die Slowakei sei ein demokratisches Land, beteuerte der Ministerpräsident. Die Medienfreiheit sei größer als in Deutschland, denn es gebe „überhaupt kein Gesetz, das die Tätigkeit der Presse regelt“. Allerdings sollten die Medien „nicht lügen“, den Ruf von Personen nicht durch unbewiesene Behauptungen schädigen und keine ungeprüften Fakten veröffentlichen. Zu Fragen nach der Konversion der umfangreichen slowakischen Rüstungsindustrie erklärte Meciar, die Umwandlung in zivile Produktionsstätten sei bisher in einem „ungewöhnlichen Tempo“ verlaufen, müsse nun aber gedrosselt werden. Eine „kleine Belebung“ der Rüstungsproduktion sei nötig, um Industrie und Beschäftigung in Gang zu halten.

Bei einem Frühstück mit Meciar bot gestern früh Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann deutsche Zusammenarbeit bei der Rüstungskonversion an. Hans-Martin Tillack

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