: Streit um den Irak
■ US-Hilfe für Atomprogramm
New York (AFP/wps) – UN- Generalsekretär Butros Ghali hat am Dienstag abend grünes Licht für die Unterzeichnung des neuen Abkommens mit Bagdad über humanitäre Hilfe zwischen der UNO und dem Irak gegeben. Er habe seine Entscheidung dem Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrates, Jean-Bernard Merimee, schriftlich mitgeteilt, sagte Ghali der Nachrichtenagentur AFP. Nun hoffe er, daß das Abkommen in den kommenden Tagen unterzeichnet werden könne.
Mit dem Entscheid ging der UN-Generalsekretär auf Konfrontationskurs zur US-Regierung, die am Dienstag ihren Widerstand gegen die neue Vereinbarung angekündigt hatte. Gleichzeitig ist das Verhältnis zwischen den westlichen Golfkriegsalliierten damit einer ernstlichen Belastungsprobe ausgesetzt. Großbritannien und Frankreich haben deutlich gemacht, daß sie die Entscheidung des UN-Generalsekretärs unterstützen. Die US-Regierung ist damit politisch isoliert.
Der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher, hatte erklärt, die USA hätten „ernste Vorbehalte“ gegen das Protokoll, das nach dreimonatigen Verhandlungen in der vergangenen Woche erstellt worden war. Mit der Neuregelung würde die „Operationsfreiheit“ der UNO im Irak erheblich eingeschränkt.
Die Vereinbarung, die vom Direktor der UN-Kinderhilfsorganisation (UNICEF), James Grant, und dem Vertreter des UN-Referats für humanitäre Angelegenheiten, Schaukat Farid, ausgehandelt worden war, soll nach Angaben von Diplomaten bis zum 31. März gelten. Sie sieht den Aufenthalt von 292 UN-Schutzsoldaten im Irak vor. Acht von ihnen sollen in Bagdad, die übrigen in den Kurdengebieten im Norden des Landes stationiert werden. Nach US- Informationen sollen es hingegen insgesamt 308 Mitarbeiter sein.
Mitten in der Endphase des US- Wahlkampfes gerät die Regierung in Washington in Sachen Irak zusätzlich in einem sehr brisanten Bereich unter Druck: Der amerikanische UNO-Inspekteur David Kay hat jetzt der Darstellung von Präsident Bush widersprochen, beim Aufbau des irakischen Atomwaffenprogramms sei keine US-Spitzentechnologie verwendet worden. Kay hat drei Inspektorenteams geleitet, die von der UNO mit der Zerstörung der irakischen Atomanlagen beauftragt wurden. Er sagte am Dienstag in einem Interview des Fernsehsenders NBC, es sei unbestritten, daß alle Industrieländer das Atomprogramm unterstützt hätten.
Kay wurde auf eine Äußerung Bushs in der letzten Fernsehdebatte der drei Präsidentschaftskandidaten angesprochen, die USA hätten Irak keine für ein Atomwaffenprogramm verwendbare Ausrüstung geliefert. Die UNO-Inspektoren hätten nicht „ein Fünkchen“ für eine Verwicklung amerikanischer Firmen in das Atomprogramm ergeben, sagte Bush. Kay sagte, seine Teams hätten in einer Nuklearanlage unter anderem ein amerikanisches Elektronikschweißgerät gefunden, das mit Sicherheit in dem Atomwaffenprogramm eingesetzt worden sei.
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