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„Ich halte das für ziemlich suspekt, aber schwer zu klären“

■ meint Günter Nooke, Fraktionschef des Bündnis90

taz: Zwei Stasi-Zeugen mit sich widersprechenden Aussagen spielen in der Auseinandersetzung um Manfred Stolpe eine zentrale Rolle. Ist Ihnen wohl dabei?

Günter Nooke: Mir ist bei dem ganzen Ausschuß nicht wohl, wir hätten Besseres zu tun. Ich habe bislang Stasi-Zeugen keine sehr große Glaubwürdigkeit zugebilligt, obwohl ich generell der Auffassung bin, daß eine Aussage nicht danach beurteilt werden darf, welche Funktion einer früher ausgefüllt oder wieviel Geld er für eine Aussage bekommen hat. Wir müssen die Einlassungen von Herrn Roßberg und Herrn Wiegand ganz sachlich prüfen nach den Kriterien: Was paßt zueinander, was gibt ein konsistentes Bild? Was entspricht der bekannten Aktenlage? Danach ist es nicht unwahrscheinlich, daß Herr Roßberg hier in Teilen die Wahrheit gesagt hat. Wir haben heute immerhin zur Kenntnis genommen, daß Wiegand jetzt zugibt, Herr Roßberg habe die Verleihungsurkunde für Manfred Stolpe unterschrieben. Das halte ich zumindest für eine Teilbestätigung von Herrn Roßberg, die sich zugleich mit den Akten deckt. In der Frage der Auszeichnung selbst stehen die Aussage von Stolpe und Wiegand gegen die von Roßberg. Die Frage bleibt, wieso, wenn die Auszeichnung aus dem Kirchensekretariat und nicht aus dem Ministerium für Staatssicherheit kam, die Verleihung dennoch konspirativ erfolgte. Das ist ein Widerspruch. Ich halte das für ziemlich suspekt, habe aber meine Zweifel, ob wir das noch definitiv klären können.

Die Öffentlichkeit reagiert auf die sich hinschleppende Auseinandersetzung mit wachsendem Überdruß, die Details, auf die es ankäme, sind bestenfalls noch Sache von Insidern. Hat Stolpe nach der Entlastung durch Wiegand die Sache überstanden?

Das habe ich nicht zu entscheiden. Solang der Untersuchungsausschuß tagt, werden wir uns auch nicht abschließend zur Belastung beziehungsweise Entlastung des Ministerpräsidenten äußern.

Wie hält das Bündnis den Zwiespalt aus zwischen dem Unbehagen an der früheren Rolle Stolpes auf der einen und der Koalitionsraison auf der anderen Seite?

Ein Zwiespalt besteht nur, wenn man der Auffassung ist, die Koalition hänge einzig und allein an der Person Manfred Stolpes. Das Bündnis90 hat das so nie vertreten. Aber ich denke, man kann mit einem guten Ministerpräsidenten regieren und sich trotzdem um die Wahrheit kümmern. Daß es im Bündnis in dieser Frage sehr unterschiedliche Meinungen gibt, daß der Spagat bei uns vielleicht besonders groß ist, damit muß man umgehen lernen. Interview: Matthias Geis

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