: Verweiblichung der Hamburger Polizei
■ Umfrage in Hamburgs Revieren: Polizistinnen zeigen weniger Gewaltbereitschaft / Frauenforum in GdP
In den elf Jahren ihres Polizistinnendaseins wurde Karen R. nur einmal in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt. Das war vor zwei Monaten. Ihr Kollege hatte auf Streife einen 19jährigen Jungen beobachtet, der einen Edding-Stift aus der Tasche zog. Da der Beamte glaubte, der Junge wolle ein Graffiti malen, versuchte er den Filzstift unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen zu beschlagnahmen. Der Junge konnte sich aus dem Polizeigriff befreien und flüchten. „Die ganze Aktion war unberechtigt“, sagt Karen R. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie den Jugendlichen lediglich verbal ermahnt.
Karen ist eine von 85 Polizistinnen, die gestern früh in den Räumen der Katholischen Akademie den Worten von Landespolizeidirektor Heinz Krappen lauschten. Der Polizeichef sollte auf dem ersten „Frauenforum“ der Polizeigewerkschaft die Frage beantworteten, ob und wie Frauen auf den Revierwachen akzeptiert werden. Krappen hatte sich Mühe gegeben, eigens 850 Fragebögen an acht Polizeireviere verteilt. Und siehe da, 62 Prozent der männlichen Kollegen akzeptieren ihr weibliches Gegenüber. Nur 4 Prozent tun es nicht, der Rest lag dazwischen.
Allerdings wurde bei den Anworten der insgesamt fünf Fragen deutlich, daß vor allem ein Bedenken nicht aus den Köpfen der Männer zu tilgen ist: das der körperlichen Unterlegenheit. Die Frage, ob Frauen im Einsatz gleichwertig sind, beantworteten nur 29 Prozent uneingeschränkt mit ja. Die große Mehrheit (64 Prozent) mochte dem nur teilweise zustimmen. Frauen, so eine häufig genannte Begründung, hätten eine zu hohe Hemmschwelle bei der Anwendung von Zwangsmaßnahmen.
Frauen finden im Polizeidienst erst seit 1979 „Verwendung“ (O-Ton Krappen). In der 80ern wurde zunächst im Modellversuch, später per Quote der Frauenanteil schrittweise erhöht, so daß heute pro 20-Mann-Schicht zwei bis drei Frauen im Einsatz sind. Doch es kommen immer mehr nach: gut ein Drittel der Polizeischüler sind heutzutage weiblich.
Sollten „nur noch Frauen“, „nur eine Frau“ oder „nur noch Männer“ in den Revier-Schichten eingestellt werden, lautete denn auch eine Frage, die Heinz Krappen seinen Untergebenen stellte. Immerhin 29 Prozent der befragten Männer und 51 Prozent der Vorgesetzten votierten für eine weitere Kollegin. Frauen wirkten deeskalierend, könnten Gewalt durch Worte verhinden und sorgten für ein besseres Arbeitsklima.
Ein Lob, das bei den Zuhörerinnen zwiespältige Gefühle hervorrief. Statt übertriebener Rücksichtnahme wäre den Beamtinnen, die häufig auch Mütter sind, bessere Aufstiegschancen für Teilzeitkräfte lieber. Und mehr Eigenverantwortlichkeit. So wird es den Polizistinnen in der Regel versagt, zu zweit auf Streife zu gehen. „Uns wird unterstellt, daß wir das ohne Männer nicht schaffen“, empört sich Andrea Meyer.
Dabei sei es erwiesen, daß die Anwesenheit von Frauen die Gewaltbereitschaft herunterschraube. Die Männer dagegen überschätzten sich oft, hätten „gar keine Lust, sich mit den Leuten abzusabbeln“. Auch Andrea Meyer ist elf Jahren im Dienst, wurde noch nie in eine körperliche Auseinandersetzung verwickelt. Hört man diesen Frauen zu, kommt einem zur Abwechslung die Vision einer gewaltfreien Polizei. Schade, daß es nicht konsenzfähig ist, nur noch Frauen einzustellen. Kaija Kutter
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