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Buttersäure gegen rechte Musik

■ Unbekannte verüben Anschlag auf Laden in Pankow, der rechtsextreme Platten verkaufen soll/ Wagen in Brand gesetzt

Pankow. Auf das Pankower Textilwarengeschäft „No Remorse“ in der Tiroler Straße 74 wurde am Mittwoch abend ein Anschlag verübt. Unbekannte hatten mit Plastersteinen die Schaufensterscheiben eingeschlagen, danach eine Rauchbombe und Buttersäureflaschen in das Geschäft geworfen, in dem sich die beiden Ladeninhaber sowie zwei Kunden aufhielten. Die Täter, die Motorradhauben getragen haben sollen, zündeten vor ihrer Flucht den Wagen eines der beiden Ladeninhaber an. Das Feuer griff auf den Wagen einer unbeteiligten Person über, beide Fahrzeuge brannten völlig aus. Die Polizei geht davon aus, daß die vier bis sechs Täter ein politisches Motiv hatten.

In einem anonymen Bekennerschreiben, das der taz vorliegt, heißt es zur Begründung des Anschlages, der Laden stelle „einen wichtigen Teil der Infrastruktur der faschistischen Musik- und Skinheadszene dar“. Der Laden „No Remorse“ verkaufe CDs und Platten „faschistischer Musikgruppen wie zum Beispiel Störkraft, Endstufe, Kraftschlag, Wotan, Werwolf, Böhse Onkelz, Radikahl sowie T-Shirts mit faschistischem Aufdruck“. Außerdem sei der Laden „für den Versand des faschistischen Skinhead-Fanzine ,Proißens Gloria‘“ verantwortlich.

Der Ladeninhaber von „No Remorse“ wollte sich gestern gegenüber der taz weder am Telefon noch persönlich zu dem Anschlag äußern. Ein Kunde sagte als Begründung, dies würde die Leute nur noch mehr anstacheln und zur „Selbstbedienung“ verleiten. Auf den ersten Blick war nicht festzustellen, ob im Laden CDs, Schallplatten sowie T-Shirts mit faschistischem Aufdruck verkauft werden. Eine Gruppe von Jugendlichen hat sich offensichtlich zusammengefunden, das Geschäft so lange zu bewachen, wie keine neuen Scheiben eingesetzt sind. Eine Anwohnerin in der Tiroler Straße sagte, sie habe schon immer befürchtet, daß es hier wegen des Ladens „einmal Krawall geben wird“.

Einen Buttersäureanschlag im Zusammenhang mit einer rechtsextremen Musikgruppe gab es bereits Ende Oktober auf dem Gelände der Kulturbrauerei im Prenzlauer Berg. Damals war die rechtsextreme Band „Störkraft“ vom Privatsender Sat.1 in ihre Talk-Show „Einspruch“ eingeladen worden. Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) hatte erst vor kurzem bei der Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Schriften in Bonn beantragt, eine CD von „Störkraft“ auf den Index setzen zu lassen. Außerdem stellte er gegen das rechtsextreme Plattenlabel „Rock-O-Rama“ aus Köln Strafantrag wegen Aufstachelung zum Rassenhaß. mal

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