piwik no script img

Neuer Gatt-Zankapfel: weiß, beige und braun

■ Wie die Japaner lernen könnten, ausländischen Reis zu essen

Tokio (taz) – Der Reis in Japan ist weiß, beige oder braun, aber er ist immer japanisch. Kein Japaner käme darauf, sich Reis zu wünschen, der nicht japanisch ist. Was aber tun, wenn die ganze Welt will, daß die Japaner ausländischen Reis essen?

Jahrelang haben Japaner müde mit den Schultern gezuckt, wenn sie diese Frage hörten. Schließlich schmeckte ihnen ihr Reis. Doch nun muß sich Japan wohl endgültig um eine Antwort bemühen. Die europäisch-amerikanische Einigung bei den Handelsgesprächen der Gatt-Runde hat den Schwarzen Peter Japan überlassen. Denn nun ist Nippon das einzige Land, das vom Rest der Welt eine Ausnahme in einem der landwirtschaftlichen Kernbereiche verlangt, nämlich beim Reis, für den hier ein generelles Importverbot besteht.

Arthur Dunkel, der Leiter der Gatt-Runde, ist gegenüber dem japanischen Begehren unerbittlich: Das Verbot soll weg, statt dessen könne Japan Einfuhrtarife für den Reis aus anderen Ländern einführen. Damit lasse sich der Reispreis halten, welcher in Japan achtmal höher als auf dem Weltmarkt sei. Doch der Dunkel-Plan hat einen Hintergedanken, der den Japanern Angst macht: Nach und nach sollen nämlich die Einfuhrtarife heruntergesetzt werden, über zwei Jahrzehnte zwar, aber doch so, daß am Ende nichts anderes herauskäme als das: Billig-Reis aus Thailand und Amerika auf allen japanischen Reistellern und eine verödete japanische Landwirtschaft.

Das verflixte Übel sind die horrenden Kosten des Reisanbaus in Japan. Ohne Regierungssubventionen im Übermaß wäre aus den kleinen Bergterrassen und winzigen Talbepflanzungen kein Yen mehr zu holen. Kein japanischer Bauer kann es mit seinem amerikanischen Kollegen unter gleichberechtigten Marktbedingungen aufnehmen. Doch es gibt in Japan immer weniger Bauern. Das ist schließlich der Grund, weshalb die japanische Regierung in der Gatt- Runde aller Voraussicht nach einlenken wird. International läßt sich das Reisimportverbot sowieso nicht mehr rechtfertigen. Doch auch das innenpolitische Argument, demzufolge subventionsverwöhnte Reisbauern immer die Regierungspartei wählen, steht auf wackligen Beinen. Die bäuerlichen Wahlkreise, die bisher immer die Regierungspartei wählten, stehen nämlich kurz vor der Abschaffung: Da ihr Wähleranteil soviel geringer als in den Städten ist, hat sie der Oberste Gerichtshof bereits für verfassungswidrig erklärt. Nun muß das Parlament eine Wahlgesetzreform ausarbeiten. Vielleicht fällt ihnen der Unterschied zum japanischen Reis dann gar nicht mehr auf. Georg Blume

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen