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Labour-Gewinne bei irischen Wahlen

■ Im Parlament bleiben rechte Parteien in der Mehrheit/ Neue Regierung könnte „Regenbogenkoalition“ sein

Dublin (taz) – Der „Linksruck“ bei den irischen Parlamentswahlen am Mittwoch ist stärker ausgefallen als erwartet. Dennoch wird das Parlament weiter von rechten Parteien dominiert. Das ist das Fazit, nachdem gestern bei Redaktionsschluß erst zwei Drittel der 166 Abgeordneten feststanden.

Grund für die langwierige Auszählung der Stimmen ist das Wahlsystem, das als das gerechteste der Welt gilt. Die WählerInnen machen kein Kreuzchen, sondern numerieren die KandidatInnen durch. Hat ein Bewerber die erforderliche Quote – sie hängt von der Zahl der WählerInnen im jeweiligen Wahlkreis ab – überschritten, werden die überschüssigen Stimmen auf Grundlage der Numerierung auf andere Kandidaten übertragen. So kann eine Stimme mehr als ein Dutzend Mal weiterwandern. Deutlich vorn liegt die sozialdemokratische Labour Party, die nicht nur in Dublin, sondern landesweit hohe Stimmengewinne verzeichnen und ihre bislang 16 Sitze nahezu verdoppeln konnte – auf Kosten der beiden großen konservativen Parteien. Die Regierungspartei Fianna Fáil (Soldaten des Schicksals), die die absolute Mehrheit angepeilt hatte, verlor über 5 Prozent und verfügt nur noch über knapp 39 Prozent der Stimmen. Noch weniger hatte sie nur 1927, als sie zum ersten Mal an Wahlen teilnahm. Ein Grund sind die Wirtschaftsskandale. Auch die für irische Verhältnisse relativ hohe Wahlbeteiligung von 68,5 Prozent hat Fianna Fáil geschadet. Hinzu kommt der „Albert-Faktor“: Der Premierminister und Ex- Countrysänger Albert Reynolds hat sich durch sein arrogantes Auftreten gegenüber dem kleinen Koalitionspartner Progressive Demokraten (PD) äußerst unbeliebt gemacht. Ihm werden der Sturz der Koalition und die vorgezogenen Neuwahlen angelastet.

Weder die sozialistische Demokratische Linke noch die größte Oppositionspartei Fine Gael (Stamm der Gälen) konnten Kapital aus der Fianna-Fáil-Krise schlagen – im Gegenteil: Fine Gael verlor ebenfalls über 5 Prozent ihres Stimmenanteils und liegt nur noch knapp vor der Labour Party. In Dublin wurde Fine Gael von Labour sogar überrundet. Die beiden großen rechten Parteien entgingen nur deshalb einer Katastrophe, weil die Labour Party von ihren massiven Gewinnen selbst überrascht worden ist und in verschiedenen Wahlkreisen nicht genügend KandidatInnen aufstellte. So gewannen Fianna Fáil und Fine Gael jeweils 6 bis 8 Sitze mehr, als ihnen aufgrund des Stimmenanteils zugestanden hätten. Der Labour-Vorsitzende Dick Spring sprach von „historischen Wahlen“.

Da eine Koalition von Fianna Fáil und Fine Gael aufgrund historischer Feindschaft nicht zur Debatte steht, kommt der Labour Party eine entscheidende Rolle bei der Formierung der neuen Regierung zu. Die besten Aussichten hat eine „Regenbogenkoalition“ aus Labour, Fine Gael und PD, die vor allem von Fine Gael gefordert wird. Neuer Premierminister würde dann der farblose Fine- Gael-Vorsitzende John Bruton. Spring hat sich jedoch noch nicht festgelegt, weil er fürchtet, daß Labour große Zugeständnisse machen müßte. Theoretisch hätte auch die bisherige Koalition eine Mehrheit, da die PD von 6 auf 9 bis 10 Sitze geklettert ist. Eine solche Ehe ist aber nach dem schmutzigen Wahlkampf beider Parteien unwahrscheinlich. So wird Reynolds als Regierungschef mit der kürzesten Amtszeit in die irische Geschichte eingehen. Fest steht, daß Bewegung in die starre irische Parteienlandschaft gekommen ist. Ralf Sotscheck

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