: Streitkohltur
■ Eine Talkshow-Parodie mit Heinrich Pachl
Streitkohltur
Eine Talkshow-Parodie mit Heinrich Pachl
Die Talkshow mit dem sensationellen Staraufgebot hat längst begonnen, Moderator Theo Schlüter hat schon mehrfach des Kanzlers „wunderbare“ Verfassung aufs ärgste gefährdet. Kohl monologisiert, ungebremst von der Bremer Saxophonistin Elka Pralle und dem stadtbekannten Krimi-Autor Jürgen Alberts. Ein ebenbürtiger Gegner fehlt. Mit rund einstündiger Verspätung und einem flotten Liedchen auf den Lippen betritt der dann doch noch die Arena: Erich Honecker - verbittert über die Undankbarkeit der Wiedervereinigten, doch schnell setzt an zum sozialistischen Wortgefecht.
Der Moabiter war natürlich nicht Genosse Erich, sondern sein Doppelgänger und „Ossi“ Uwe Steinle, Kabarettist aus Dresden. Er traf auf Kohl/Heinrich Pachl aus Köln. Anlaß der geisterhaften Seelenwanderung war eine Hörspiel-Life-Produktion von Radio Bremen, „uraufgeführt“ im Packhaus am 30. November und am 1. Dezember. Anfang nächsten Jahres wird ein Zusammenschnitt des zweiabendlichen Wortgefechts über den Äther gehen.
Initiator des nicht ganz risikofreien, weil gänzlich improvisierten Unternehmens ist Jürgen Alberts, der die Verflachung des Talkshow-Geschäfts zum Anlaß nahm, dessen Spielregeln aus den Angeln zu heben: Kohl und Honecker, die Stars - eine Fälschung; das Live-Erlebnis ad absurdum geführt. Und die deutsche Geschichte muß auch dran glauben.
Diejenigen Hörerinnen und Hörer, die der kabarettistischen Fälschung auf den Leim gehen sollten, werden dennoch auf ihre Kosten kommen. Wo sonst bewähren sich Kohl und Honecker so konsequent als Dauerwitz, wo sonst eröffnen sich derart erstaunliche Perspektiven auf die Probleme unseres wiedervereinigten Heimatlandes innerhalb von weniger als zwei Stunden?
Am 12. Dezember erwartet die neuen Kanzler-Fans übrigens eine weitere „anarchistische Redeschlacht“ mit Heinrich Pachl, diesmal unter dem Motto „Tohuwabohu“. Susanne Hagemann
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen