■ Mit Indiens Außenhandel auf du und du
: Abschottung ade

Neu Delhi (taz) – Indiens Finanzminister Manmohan Singh versucht in Bonn, Bundesregierung und Manager davon zu überzeugen, daß sich Investitionen in seinem Heimatland lohnen. Indien ist dringend darauf angewiesen, seine Exporte auszuweiten – nach einer Studie des indischen Kammerverbandes um jährlich 20 Prozent über die nächsten drei Jahre. Nur dann kann das Land die vorwiegend von IWF und Weltbank finanzierten Stabilisierungskredite zurückzahlen. Die Schönwettergespräche scheinen in Zeiten der Rezession dringend nötig: die indischen Ausfuhren sind im ersten Halbjahr 1992 um sieben Prozent gesunken, während die deutschen Exporte um 22 Prozent zunahmen.

Um seine chronisch defizitäre Außenbilanz allmählich ins Gleichgewicht zu bringen, muß Indien statt Krediten vermehrt Investitionen aus dem Ausland anziehen. Dies gilt um so mehr, als das Land nach Jahrzehnten einer erfolglosen Abschottung technisch weit hinterherhängt. Deutsche Firmen aber werden nur dann Technologie liefern, wenn sie zugleich bei indischen Firmen kapitalmäßig einsteigen können oder eigene Beriebe gründen dürfen.

Die deutsche Industrie gehört zu den traditionell wichtigsten Kapitalquellen für Indien, aber ihr Umfang bildet nur einen Bruchteil der Investitionen, die in andere asiatische Entwicklungsländer fließen. Singh hofft, deutsche Investoren anzulocken mit dem Hinweis, daß das Land von seiner langjährigen Praxis abgerückt ist, nur Minderheitsbeteiligungen ausländischer Firmen in indischen Gesellschaften zuzulassen. Seit kurzem werden in 35 Industriebereichen 51 Prozent automatisch bewilligt.

Vielleicht wird Manmohan Singh in seiner Werbebotschaft einflechten können, daß auch die indische Industrie das ihre tut, um die Wirtschaft in der ehemaligen DDR wieder zu beleben. Indische Unternehmer haben über die Treuhandanstalt bereits 25 deutsche Firmen erworben, bei über zwanzig weiteren laufen Verhandlungen. Mit einem Kapitaltransfer, der von der Wirtschaftszeitung Economic Times auf rund 500 Millionen DM geschätzt wird, gehören sie damit zu den zehn größten Investoren in den östlichen Bundesländern. Bernard Imhasly