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Opfern wird ein Maulkorb verpaßt-betr.: "Hektik von Gelegenheitsdemokraten", Kommeentar von Jony Eisenberg, taz vom 30.11.92

betr.: „Hektik von Gelegenheitsdemokraten“, Kommentar von Jony Eisenberg,

taz vom 30.11.92

[...] Jony Eisenberg [...] wirft in seiner Argumentation wider hektische Rechtsänderungen ur-liberale Thesen in die Debatte. So meint er: Wehret den Anfängen des vorbeugenden polizeilichen Staatsschutzes, der offene politische Diskussionen mit repressiven Mitteln ersetzen möchte! Diese Staatschutzlogik knüpfe an die Tradition der Gestapo und der Stasi an.

Jony, nicht Johannes Eisenberg, ist offenbar der Meinung, zwischen Gestapo und Stasi existieren historische, strukturelle Identitäten. Wir nennen sie der Einfachheit halber „totalitäre Identitäten“. Er ist außerdem der Ansicht, mit Repräsentanten des Totalitarismus, zum Beispiel „mit den Faschisten“ könne und müsse debattiert werden, statt sie zu kriminalisieren.

Exit Jony, Auftritt Johannes.

Als Anwalt des einsitzenden ehemaligen Ministers für Staatssicherheit, Mielke, dieses Strukturverwandten Himmlers also, möchte der Anwalt Johannes Eisenberg dem Rowohlt Taschenbuch Verlag (und am liebsten jedem anderen auch) per Gericht untersagen lassen, einige blutige Einzelheiten aus der Biographie dieses milden Tschekisten mit dem Lederhut zu verbreiten. Zum Beispiel sei Mielke keineswegs für den NKWD in Spanien tätig gewesen. Das Berliner Landgericht, vielleicht um zerbrechlichen anwaltlichen Glauben in die Rechtsstaatlichkeit zu bestärken, erweist sich denn als willfährig und erläßt eine Einstweilige Verfügung gegen Bücher, ganz wie es Johannes Eisenberg gefällt.

Daß damit Artikel 5 des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt wird, nämlich die offene Diskussion ohne die strafbewehrten Argumente der deutschen Justiz, ist dem Anwalt einstweilig egal, so lange die taz seinem nahen Verwandten Jony nur Platz gibt für seine aufgeplusterte Selbstgerechtigkeit: „Beschädigt wird (mit repressiven Mitteln) in jedem Fall die demokratische Rechtsstruktur.“ Das Maß der bisherigen existentiellen Verlogenheit wird mit diesem Artikel genau definiert. In einem Satz: Mit Faschisten, und hießen sie Mielke, könne man reden, ihren Opfern, und hießen sie Walter Janka, verpassen wir einen Maulkorb! [...] Dr.Michael Naumann, Rowohlt Verlag Gmb – Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH

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