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„Wir machen euch kleine Tschetniks“

■ Bundestag: Bosnische Frauen schildern systematische Vergewaltigungen

Bonn (taz) – Bei dem im ehemaligen Jugoslawien stattfindenden „Vernichtungskrieg gegen Frauen“ sei die Öffentlichkeit zu lange „stumm“ geblieben. Mit diesen Worten eröffnete Edith Niehuis, Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Frauen und Jugend, gestern eine Bundestagsanhörung über die „systematischen Massenvergewaltigungen“ vor allem muslimischer Frauen und Mädchen. Es müsse „endlich Schluß sein mit der immer wieder zu erkennenden stillschweigenden Duldung der Tatsache, daß Vergewaltigung zum Krieg gehört wie die Männer, die ihn anzetteln“. Vor VertreterInnen aller Parteien und Frauenministerin Angela Merkel schilderten vergewaltigte Frauen die katastrophalen Zustände in Bosnien und Kroatien.

Die Massenvergewaltigungen würden systematisch als Mittel der ethnischen Säuberung an der muslimanischen Bevölkerung eingesetzt, erklärte eine 30jährige Kroatin, die aus Angst ihren Namen nicht nennen wollte. Bedrückende Stille herrschte im Raum, als die verschleierte Muslimin flüsternd von ihren Erlebnissen einer zweimonatigen Lagergefangenschaft in Bosnien erzählt. Wie tausend weitere ihrer Glaubensschwestern war sie von einem Bataillon serbischer Tschetniks brutal zusammengeschlagen und vergewaltigt worden. Währenddessen wären andere Inhaftierte umgebracht worden. Sie konnte auch beobachten, wie vor den Augen der Eltern ein 13jähriges muslimisches Mädchen von 20 serbischen Soldaten abwechselnd vergewaltigt wurde. Einer Mutter sei ihr Baby entrissen und geköpft worden; dann fielen Tschetniks über die Mutter her. Begleitet würden die brutalen Aktionen immer wieder mit Sprüchen der Täter wie: „Wir machen euch kleine Tschetniks“.

Sibylle Bassler von der ZDF- Redaktion „Mona Lisa“ sagte, als Besucherin zahlreicher Vertriebebencamps in Kroatien sei sie immer wieder mit Vergewaltigungsopfern in Kontakt gekommen. Immer wieder habe sie beobachten können, daß die Frauen, falls sie überhaupt noch reden können, „apathisch seien und verstärkt zum Alkohol- und Medikamentenmißbrauch neigen“. Wie viele andere der Rednerinnen fordert auch sie, „daß der Tatbestand der Vergewaltigung als Kriegsverbrechen anerkannt wird, die Täter strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden“. Verstärkte therapeutische Hilfe für die vergewaltigten Opfer verlangt auch die Kölner Psychologin Brigitte Brand. Sie weist auch darauf hin, daß die Vergewaltigungen die muslimischen Frauen unter vielen Aspekten „noch härter“ treffen, als dies ohnehin schon der Fall sei. So müßten verheiratete Frauen mit späteren Aggressionen ihrer Ehemänner rechnen. Die nämlich würden sich vor allem den Vorwurf machen, sie hätten nicht hinreichend auf die eigene Gattin aufgepaßt. Das Leiden der unverheirateten, „unreinen“ Frauen würde, so die Psychologin, in weiteren Sammellagern fortgesetzt, bis möglicherweise ein Selbstmord sein Ende bedeute.

Amelja Janović, ein Kroatin, die schon 1946 vor Titos Soldaten nach Deutschland geflohen war, appelliert noch einmal an die westlichen Länder, endlich tatkräftigen Druck auf Serbien auszuüben. Für die vergewaltigten Frauen müßten in Deutschland psychotherapeutische Zentren geschaffen werden. Hasso Suliak

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