piwik no script img

Sportkonserve statt Heimat-Schnulze

■ Tele 5 mutiert zum Sportkanal / Probleme bei der Lizenzerteilung / Medien-Monopol befürchtet

/ Probleme bei der Lizenzerteilung / Medien-Monopol befürchtet

Am 20. Dezember ist es vorbei: Hamburgs Tele 5 wird auf dem Sterbelager verendet sein, ein neuer Sportkanal statt dessen die Programmfrequenz beleben. So wollen es die Medien-Mogule vom Springer-Verlag und der Münchner Film-Zar Leo Kirch.

Anfangs fiel der Sender aus München durch ein Musikprogramm auf, das sich — einzig unter deutschen Fernsehsendern — mehr als 45 Minuten der aktuellen Pop-Musik widmete. Diese hochlöbliche Programmgestaltung, die auf die Gruppe der jungen und interessierten Kulturfans abzielte, wurde stetig zum Schlechten hin modifiziert: da jagte zuletzt ein Billig-Quiz das andere, Schund-Pornos und dumpfe Heimat-Schnulzen lösten sich gegenseitig ab.

Das Regionalprogramm für Hamburg wurde von Tele 5 im Studio Hamburg produziert. Die Sendung „Vor Ort in Hamburg“ wird noch bis zum 19. Dezember dieses Jahres von 12.35 bis 13 Uhr auf der RTL- Frequenz zu sehen sein.

Die überregionale Umwandlung von Tele 5 zum „Deutschen Sportfernsehen“, kurz DSF, wird später, genau zum Jahresende, vollzogen werden. Am 1. Januar, Punkt 0 Uhr soll der neue Sportkanal senden. Manche Sportfans wird's freuen, doch das Angebot wird der zweiten Klasse angehören. Dies begründet sich in der Unternehmensstruktur des DSF, der zu 24,9 Prozent dem Münchner Filmhändler Leo Kirch gehören und zu etwa einem Drittel dem Hause Springer unterstehen wird. Die finanzkräftigen Anteilseigner sind zwar in der Lage, die enorm hohen Summen für Sport-Übertragungsrechte hinblättern zu können, aber die Kosten für die Rechte an der Fußball-Bundesliga können nur dann betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheinen, wenn eine Zweitverwertung der in SAT 1 gezeigten Spiele möglich ist. Diese maximale Nutzung des eingekauften Materials soll im neuen Sportsender als Recycling-Strategie gefahren werden, eigens dafür wurde er konzipiert.

So weit, so mittelmäßig. Schwierigkeiten sind jedoch schon vorprogrammiert. Herr Kirch, der in mehreren Sendern jeweils erhebliche Anteile besitzt, kommt durch den DSF zu weiterer Medien-Macht. Dasselbe gilt für Springer. Nicht nur die Hamburgische Anstalt für Neue Medien (HAM) fürchtet hier ein Monopol, dessen Konsequenzen für die Fernsehlandschaft noch nicht absehbar sind. Eine weitere Schwierigkeit wird in der Lizenzvergabe liegen. Laut Hamburgischem Mediengesetz sollten nur solche Sender in der Hansestadt über terrestrische Frequenzen verfügen, die ein Regionalprogramm

1anbieten. Dies wird beim DSF jedoch nicht der Fall sein. Ob der Sportkanal dann dennoch über Antenne zu empfangen sein wird, will die HAM am 16. Dezember entscheiden. Ansonsten wäre ein Emp-

1fang über Kanal eventuell möglich.

Sicher dagegen ist, was im sogenannten Hamburger Regionalfenster zwischen dem 20. und 31. Dezember laufen wird: Das Münchner „Vor-Ort-spezial“-Magazin wird

1sich mit dem europäischen Binnenmarkt beschäftigen. Über die Feiertage allerdings bleibt die Tele-Bestrahlung nach wie vor ungeklärt: Testbild? Weihnachtsbaum? Schlümpfe? Annette Bolz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen